Offener Brief an denkende Menschen

 

96 Prozent der Schweizer empfinden es als falsch, hilflosen Tieren unnötigerweise Schmerzen und Leiden zuzufügen und sie zu töten.

Aber über 90 Prozent der Schweizer fahren fort, sinnloserweise hilflose Tiere töten zu lassen, nur um sie zu verspeisen.

Woher entstammt diese Diskrepanz?

Gibt es einen trivialeren Grund, jemand zu töten wie die Begründung, dass ein paar Geschmacksknospen gerade danach gerufen haben? Dass eine geschmackliche Vorliebe einem wichtiger war als das Leben dieses Tieres?

 

Oft rechtfertigen die Menschen dies, indem sie behaupten, sie würden ja nur wenig Fleisch essen…. Ja, kann denn das Tier weiterleben, wenn ich nur ein kleines Stück davon esse?

 

Die Frage ist, ob man überhaupt das Recht hätte, Tiere zu essen?

Niemand in der westlichen Welt braucht Fleisch, um zu überleben.

Aber viele Menschen betrachten die Tiere für weniger wert als sich selbst, woraus sich die Legitimation zur Verspeisung ergäbe. Deshalb nimmt man sich das Recht, sie töten zu lassen und  sie zu vertilgen. Wir essen allerdings nicht jedes Tier. Einen Schimpansen würden wir nicht schlachten, um ihn zu verspeisen. Da hätten wir Hemmungen. Der ist ja auch ganz intelligent und nah mit uns verwandt. Aber: Schweine sind ebenfalls sehr intelligent.

Wer hat nun festgelegt, welches Tier so weit unter dem Menschen steht, dass man es essen darf? Darauf gibt es keine vernünftige Antwort. 
Gemäss Tierschutzgesetz darf man Tiere nicht töten und quälen ausser man hat einen vernünftigen Grund dafür. Sie zu essen wird als solchen betrachtet. 
Dieses Gesetz war historisch nicht aus Achtung vor dem Tier entstanden, vor seiner Würde und seinem ihm eigen zustehenden Recht, sondern nur, um der Verrohung des Menschen, der die Tiere quält, Einhalt zu bieten. 

 

 

Die „Zeit“ schrieb in einem Artikel (www.zeit.de/2013/08/Martenstein):
"Sex mit Tieren soll verboten werden, aber Quälerei in Form einer Tierschlachtung bleibt legal? An einer solchen Rechtsprechung stimmt etwas nicht…."
Wenn man Tierquälerei im Kleinen verbietet, wieso erlaubt man sie dann im Großen?........

Stell dir vor, man würde in einer Reh-Zucht ein Reh betäuben, und ihm im betäubten Zustand ein Bein amputieren und die Wunde danach gut verarzten. Es wird auf der Wiese auch mit drei Beinen überleben können. Würdest du nun diese abgetrennte Keule essen? 
Wahrscheinlich nicht.
Denn jedes Mal, wenn man dort vorbei kommt, sieht man das dreibeinige Tier und es würde einem unendlich leid tun. 
Wäre das Reh aber getötet worden, hätte man es wieder vergessen. Ist das nicht eigenartig? Das Reh, das noch lebt, bleibt sichtbar als Anklage des ungerechten Aktes. Das Reh aber, das tot ist, wird aus dem Bewusstsein wieder herausgelöscht und kann das Unrecht nicht mehr bezeugen. Da in uns das tote Tier nicht gespeichert wird, fällt es uns relativ leicht, es zu essen. 
 
 
Kulturgeschichtlich glauben wir, dem Tier gegenüber sensibler geworden zu sein. 
Noch in der Barockzeit gab es Prell-Spektakel. Da wurde ein gefangenes Tier, zum Beispiel ein Fuchs, in ein Netz rein getan und immer in die Luft hochgeschleudert, um dann auf den Boden hinunter zu schlagen. Man tat dies solange, bis alle Knochen zerschlagen waren. Die johlende Menge stand darum herum und fand dies grossartig. Wenn ich so etwas in Zürich auf dem Marktplatz machen würde, dächte jeder, ich sei geisteskrank. Vor nur 400 Jahren war dies als normal empfunden worden. Auf der einen Seite halten wir uns heute als sensibilisierter und als weniger verroht. Doch das Treiben in unseren Schlachthäusern ist ein industrieller Tier-Tod in unvorstellbarem Ausmass – wo die grausamen Lustmorde der Barockzeit nie damit zu vergleichen sind.
In der angenommenen Bewusstwerdung eines solch kollektiv verübten Unrechts, würden wir uns für die Abschaffung dieses Tierleides engagieren. 
Wir wählen die andere Variante: die des Nicht-Wissen-wollens. 
 

In ethischen Belangen ist nicht alles relativ in unserer Geschichte. Es gibt das effektiv Falsche. Die unbewusste Tradition des Fleischessens gehört sicherlich dazu.

Der australische Philosoph und Ethiker Peter Singer schreibt in seinem Buch „Wie sollen wir leben?“:

„Es gab eine richtige Seite im Kampf gegen die Sklaverei. Es gab eine richtige Seite im Kampf der Arbeiter um das Recht auf gewerkschaftliche Organisation, um Begrenzung der Arbeitszeit und Minimalforderungen an die Arbeitsbedingungen. Niemand möchte in die Zeit zurück, als Kinder 12 Stunden am Tag in stickigen Fabriken oder Kohlebergwerken arbeiteten. Es gab eine richtige Seite in dem langen Kampf der Frauen um das Stimmrecht, das Recht auf Zulassung zum Studium auf Universitäten. Es gab eine richtige Seite im Kampf gegen Hitler. Es gab eine richtige Seite als Martin Luther King Demonstrationen anführte, dass Afro-Amerikaner neben weissen Amerikanern in Bussen und Restaurants sitzen konnten. Heute gibt es eine richtige Seite in den Fragen der Ausdehnung von ethischem Handeln über unsere eigene Spezies hinaus.“

Die richtige Seite, von der Singer spricht, ist auch die individuell befriedigendere Seite. Personen, die dazu bereit sind, an dem uralten Kampf um mehr Friede und Gerechtigkeit teilzunehmen, handeln nicht nur ethisch verantwortlicher, sondern auch für sich selbst klüger.

Anders als viele Zeitgenossen fühlen sie kaum einen Drang, durch massenhaften Konsum oder Position innere Löcher zu stopfen.

 

„Was jedermann für ausgemacht hält, verdient am meisten, untersucht zu werden", schreibt der deutsche Schriftsteller und Denker G. C. Lichtenberg.
Dass Hunde zur Familie gehören, und Rinder zwischen ein Brötchen, finden wir völlig normal. Aber ist es wirklich unser Recht, andere Wesen mit solchen willkürlichen Festlegungen in ihrem Recht zu leben zu beschneiden?

Das Recht eines Fuchses zu leben, steht über dem Interesse einer Frau, einen Mantel aus seiner Haut zu tragen. Das Recht eines Rinds, Schweins oder Huhns in Freiheit zu leben, steht über dem eigenen Interesse, ihn oder sie, für den kurzen Gaumenkitzel eines Sandwiches, zu töten.

Warum ist Fleisch eigentlich so billig? Weil die Schweine, Rinder und Hühner nicht bezahlt werden. Wir halten uns Sklaven. Man muss nicht unbedingt zwei Beine haben, um Sklave zu sein und man muss auch nicht schwarz sein.

Jedes fühlende Lebewesen, welches den Unterschied zwischen Freude und Schmerz kennt, zwischen Freiheit und Unterdrückung, und gegen seinen Willen gefangen gehalten wird und vorallem „leben möchte“, hat ein Recht und einen Anspruch, dass ihm nicht zuwider gehandelt wird.

Sklaverei begann nicht in Ägypten und endete nicht in Amerika. Sklaverei begann mit dem unbefugten Nutzen von Tieren und dauert bis heute an.

Dein Entscheid zum Vegetarismus ist ein Entscheid für die Gerechtigkeit.