Allmachts-Wahn

Vor kurzem ist die deutsche Autorin und Seminarleiterin Bärbel Mohr gestorben. Im Alter von 46 Jahren – an Krebs.
Ganz offensichtlich war sie ein Mensch von ansteckender Lebensfreude. Sie war bekannt geworden durch ihr Buch „Bestellung ans Universum“. Und sie scheute sich nicht, das, was sie propagierte, für alle sichtbar zu leben. Ihre Erfahrungen mit dem Bestellen und Herbeiwünschen eines neuen Mannes teilte sie mit aller Welt.
Diese unbekümmerte Frische machte sie nahbar und glaubwürdig, damit konnte sich ihre Leserschaft identifizieren. 
 
Mit den Millionenauflagen ihrer Bücher, mit deren zahlreichen Übersetzungen und mit ihrem enormen Erfolg in Beruf und Privatleben bewies diese Frau, wie bei Ratgeber-Autoren und Therapeuten so üblich, kraft des eigenen Lebens die Wahrheit ihrer Aussagen. «Seht her! Wenn ihr es macht, wie ich es euch sage, seid ihr glücklich und erfolgreich, wie ich es bin», schien sie mit jedem ihrer Auftritte zu verkünden. 
 
Doch als es ihr schlecht ging, ist sie verstummt. Über ihre Krankheit mochte sie weder schreiben noch reden. Auf ihrer Website steht seit rund einem Jahr die lapidare Mitteilung, Bärbel Mohr habe nach acht Jahren unermüdlichen Schaffens alle ihre öffentlichen Verpflichtungen abgesagt. Sie brauche eine intensive Auszeit und mache eine längere Pause. Heute wissen wir: Die Erfolgsautorin litt an Krebs und rang mit dem Tod. Stumm und leise. Was sie in den letzten Monaten ihres Lebens unmittelbar betraf, was sie im Innersten umtrieb, darüber hat sie geschwiegen. Sie, die allseits begehrte Vortragsrednerin, Seminarleiterin und Autorin, die Erfolgsfrau, der die Herzen von überall zuflogen, stand mit einem Mal ganz alleine da und rang mit dem Nichtübereinstimmung von der Wirklichkeit und dem, was sie gelehrt hatte.  
 
Warum? Die Antwort ist so einfach wie erschreckend: Bärbel Mohr schwieg, weil Krankheit in ihrem System drin einem Versagen gleichkommt. Bist du krank? So bestell dir Gesundheit! Bist du immer noch krank? Dann hast du falsch bestellt. Dann solltest du richtig wünschen, und zwar mit ganzen Herzen. Dann musst du dich tiefer selbst lieben, und du musst mit jeder Zelle deines Körpers in Resonanz gehen zu Gesundheit und Glück. Mach mal! Tue es richtig, tue es ganz! Stellt sich das erwünschte Ergebnis nicht ein, so hast du es falsch getan. 
Da man seine eigene Realität in jedem Moment selber kreiere, sei Krebs allein durch unterschwelligen Groll ausgelöst und Armut und Unterdrückung sei selbstgemacht. Das lenkt ab von umweltbedingten, moralischen und sozioökonomischen Zusammenhängen, auf denen dringlich eine Veränderung geschehen müsste.
 
Da die Propagandistin solchen Denkens mit dem eigenen Leben dafür einsteht, dass es auch funktioniert, hat sie vor den Leuten zu strahlen. Sie strahlt vor Erfolg, vor Glück und vor Gesundheit. Alles andere in ihrem Leben wird ausgeblendet oder zumindest dem Publikum nicht gezeigt. Würde die eigenen Zweifel, das eigene Versagen, würden kleine und grössere Gebrechen dem Publikum sichtbar gemacht, so wäre das zwar sehr menschlich und überaus verständlich, hauptsächlich aber wäre es geschäftsschädigend. Es würde den Wert der eigenen Botschaft in Frage stellen und die Vermessenheit des umfassenden Anspruchs enthüllen, dass man seine eigene Realität einfach so kreieren könne.

 

 

 

 

 

Es gibt momentan ein Boom von Büchern in der Sparte „Wünsch dir was, und du hast es“.

Du brauchst es nur wirklich zu wollen, und dann manifestiert es sich.

Es ist eine moderne Form der Magie, ein Ausdruck der Manipulation, eine Allmachts-Sehnsucht des kleinen Ichs. Es ist ein Symptom eines magischen Weltbildes, geprägt von einem Grössen – und Allmachtswahn. Die Vorstellung, dass die eigenen Gedanken die Welt nicht nur beeinflussen, sondern auch erzeugen ist nur Ausdruck eines aufgedunsenen Ichs. Der westliche Hyperindividualismus begünstigte diese Regression auf eine magische narzisstische Stufe, auf welcher man glaubt, die Dinge in der Aussenwelt vom Ich aus zu diktieren.

Im christlichen Kontext sagt der Teufel zu Gott, dass er sich nicht begnügen möchte, Objekt der Schöpfung zu sein, sondern er will selber zum Schöpfer aufsteigen. Das ist praktisch die Urversuchung der Seele, die nun in dieser Form als spirituelle Erleuchtung hochstilisiert wird.

 

Das Versprechen, durch bestimmte innere Programmierung die eigenen Wünsche zu manifestieren, basiert auf einem grundlegenden Missverständnis: ist man zufriedener, wenn man die Dinge einfach ins Leben holt, die einem wichtig waren?

Völlig abgesehen von der Effektivität solcher magischer Techniken, beschäftigen sich diese Lehren nicht mit der Frage, ob der Erwerb oder das Erlangen dieser Objekte irgendeinen Einfluss auf unser Glück hat.

Sie sind eine Manifestation des Missverständnisses, dass erfüllte Wünsche irgendetwas mit Zufriedenheit und Erfüllung gemein hätten, denn von einer höheren Warte aus gesehen leidet man ja gerade an den Wünschen und Vorstellungen – unabhängig von ihrer Erfüllung oder Nichterfüllung.

Die Erfüllung eines Wunsches wird sofort einen weiteren neuen Wunsch nach sich ziehen (duspurena analena ca)

Ich beschäftige mich mit positiven Affirmationen: ich wünsche mir, und das wird auch in Kursen gelehrt, dass ich bald den Traumpartner meines Lebens finde... Siehe da, nach zwei Monaten – trifft es wirklich ein.

Aber nun gehe ich noch einmal zwei Monate weiter: Ganz unbemerkt, ohne dass es mir aufgefallen wäre, ist aus der Erfüllung dieses einen Wunsches bereits die Unerfüllung eines nächst anstehenden Wunsches geworden. Das habe ich gar nicht bemerkt. Ich habe meine Unzufriedenheit nur verlagert.

So arbeiten die unendlichen Ketten von unerfüllten Wünschen, die nichts anderes tun, als sich - in dem Moment, wo ein Wunsch aus dieser unerfüllten Kette scheinbar erfüllt wird - auf eine andere Ebene verlagern.

Diesem Spiel der unerfüllten Wünsche bin ich lange aufgesessen... Wenige durchschauen dieses Spiel - es ist das Spiel der Versuchung.

Ich betrüge mich selber um die Freiheit, die mir zustünde.

 

Ich leide an der Unerfülltheit meiner eigenen Wünsche. Das ist doch umso erstaunlicher, als dass der unerfüllte Wunsch ja schliesslich vorgibt, aus dem Leiden herauszuführen, nämlich dann, wenn er erfüllt wird. Merkwürdigerweise jedoch passiert das nicht, jedenfalls nicht vollkommen und beständig. Da es nicht vollkommen und beständig geschieht liegt es an mir und meiner Konsequenz, diesen Wunsch aufzugeben oder ihn künstlich aufrechtzuerhalten, was eben fast alle Menschen tun, weil sie nicht wahrhaben wollen, dass dieser Wunsch nicht zum Ziel führt und niemals dorthin führen wird. Man will die Tatsache nicht zulassen, dass im Loslassen des egozentrischen Wunsches mehr Freude inneruht als in seiner Erfüllung.

 

 

In der heutigen spirituellen Szene wird einen aber gesagt:

 „Ich kann alles kreieren, ich bin Urheber und Schöpfer von allem, was mir geschieht.“

Die unvermeidliche Frage, die da auftaucht ist: „Wer ist denn dieses Ich, welches das alles schöpfen kann?“

In dieser Anschauung steckt ein wahrer Kern, aber ebenfalls ein fauler.

Es stimmt, dass wir einiges kreieren können. Und es stimmt auch, dass wir in der Lage sind, uns bis zu einem gewissen Grade an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen. Aus einem depressiven, verwahrlosten, süchtigen Leben steuern wir in ein relativ geordnetes, positiv ausgerichtetes Leben hinzu. Das ist unsere Grundaufgabe.

Eine Frau, die Leben ihr Leben lang gelitten hatte (Missbrauch, schlimme Ehe, alleine Kinder erziehen.....) sagte nach Pilgerreise nach Vrindavan: „Ich werde nun etwas Neues tun: glücklich sein.“

Wir haben wirklich die Möglichkeit, uns von den Prägungen zu lösen und neue Ausrichtungen ersehen.

 

Das ist aber noch nicht alles, sondern eigentlich weniges. Das ist weit davon entfernt, die halbe Wahrheit zu sein. Das positive Denken führt nicht bis zum Letztendlichen. Natürlich ist es eine notwendige und nicht zu überspringende Vorstufe, denn den Bedürftigen und Frustrierten ist der Weg zum Himmel versperrt. Man kann aus der eigenen Faulheit und aus dem inneren Widerstand nicht als Himmelsstürmer einfach die eigene Verantwortung umgehen und sich in die Transzendenz hineinwerfen.

Was wir aber nicht kreieren können, ist Bhakti, die Intervention Gottes in unser Leben hinein, die man theologisch „Gnade“ nennt. Letztlich zielt der innere Weg hin in eine Form der Hingabe, an die freiwillige Ergebung an Gott aus Liebe heraus. Das ist ein ganz anderer Ansatz als der Allmachbarkeitswahn. Die Hingabe ist Geschenk und nicht mehr zu machen. Das Wesentliche geschieht in reiner Empfänglichkeit. Das Paradigma des Kampfes, dass ich mich bemühe, ausrichte und somit alles er-schaffen würde, darf an diesem Punkt abgelegt werden. „Dein Wille geschehe.“ Macht war ja nur Ausdruck von mangelndem Sinn, von fehlender Liebe.

In der Entwicklungsphase des Kleinkindes beginnt das Ego zu glauben, dass es magische Kräfte besitze. Das Kind hat Hunger, Mama kommt und gibt ihm etwas zu essen. Das Kind schreit, Mama kommt, um es zu wiegen. Das Kind ist müde, Mama kommt und bringt es ins Bett. In diesem Moment entsteht das magische Denken des Ego, so als würde „ich“ es machen. Das Ego sagt: „So läuft das hier also: Ich mache die Welt, Ich mache die Dinge, Ich bin es, der hier der Herr im Hause ist.“

Und es entsteht die Täuschung des Kausalzusammenhanges, der in Wirklichkeit nicht existiert. Dieses magische Denken ist es, welches in jedem Ego noch das Fundament des Weltbildes ist. Magie bedeutet: Ich erschaffe die Welt. Nicht Gott, sondern ich.

 

Bis dahin konnten wir vieles tun und es war sogar unsere Aufgabe. Diese Verantwortung wahrzunehmen führt zu einem glücklicheren Leben im Relativen.

Dann taucht aber mit aller Vehemenz die Frage auf: ist ein schöner Traum einer Horrorvision vorzuziehen oder will ich einfach aufwachen?

 

Die Glückseligkeit, von der die Weisen berichten, die Tattva-darshis, die Kenner der Weisheit, die durch den Tod gegangen sind – diese Ananda ist nicht machbar, sie ist reine Gnade. Das Wirken der Gnade kann weder durch Aktivität (Kreieren) noch durch Passivität (Überlassen) verdient und erworben werden.

Ist man bereit, in etwas hineinzuströmen, das sich zunächst wie eine Verunsicherung, wie eine Auflösung meines Wesens, all meinem Wissens und meines Verstehens anfühlt? Es ist Annäherung in etwas Grösseres,  Unbekanntes und doch Vertrautes – Sri Krishna.

 

Viele Menschen reagieren enttäuscht und manchmal auch verbittert auf die Brüchigkeit dessen, worauf man vertraut hatte. Der innere Weg soll aber nicht das innerweltliche Eingebettetsein stabilisieren (einen schöneren Traum schaffen), sondern er wird einen allen Boden unter den Füssen entziehen. Vertrauen in die Führung Krishnas lässt einen diese Brüchigkeit des Provisoriums lieben lernen.

 

Gnade ist nicht mehr Kreation des Begrenzten und nicht mehr das Wirken einer Seele, sondern etwas, was selbst mein tiefstes Innerstes übersteigt.

In unendlicher Empfänglichkeit erkennt man einen übergeordneten Seelenplan. Dieser enthebt die Seele von dem konstanten Fliehen einer letztlichen Sinnlosigkeit (die Abwendung des advaita) oder dem krampfhaften Suchen nach selbtkreiertem Sinn (im Sinne von „Bestellung ans Universum“ oder „the secret“). Sri Krishnas Absicht beginnt durchzuscheinen durch alle Schichten, welche wir in unendlich vielen Leben erbaut haben.

 

 

Diesen Gedanken möchte ich noch abschliessen mit einer Betrachtung aus dem „Jaiva Dharma“ von Bhaktivinod Thakur und der Bhagavad Gita.

Die gesamte Existenz besteht aus drei Grundkategorien:

 

 

 

 

 

jada-pradartha (unbewusste Materie)

(Bhagavad Gita 7.4)

ewig im Bestand, aber unaufhörlich wandelnd in ihrer Gestalt

 

cetana-pradartha (bewusste Wesen, jiva)

(Bhagavad Gita 7.5)

ewig, unvergänglich, immer dieselbe. Hat zwei Haupteigenschaften:

-anubhava-shakti (Kraft zu wahrzunehmen,

                             zu fühlen)

-iccha-shakti (Kraft zu wünschen, freier Wille)

 

cit-pradartha (das Höchste bewusste Wesen, Gott)

(Bhagavad Gita 15.7 und 9.10)

-hat sowohl iccha-shakti als auch

sva-tantratha (völlige Unabhängigkeit, welche das Lebewesen nicht hat)

-hat anubhava-shakti (die Kraft, wahrzunehmen, zu fühlen)

Deswegen freut er sich, wenn sich eine Seele ihm zuwendet.

 

 

 

 

Es gibt einen grundlegenden Unterschied zwischen jada-pradartha (Materie) und cetana-pradartha (der individuellen Seele).

Es gibt Menschen, die denken, weil Gott alles kontrolliere (Bhagavad Gita 3.27, 9.10) hätte dann die Seele keinen freien Willen mehr. Wenn die Seele keine iccha-shakti (die Freiheit, jeden Moment zu wählen, frei zu wünschen), dann würde sie ja nichts mehr von der Materie unterscheiden. Bewusstsein heisst Wünschen, frei zu wünschen.

Wenn man denkt, die Seele hätte keine iccha-shakti (Wunschkraft), wird man Fatalist („Ich bin schlecht, aber was kann ich schon tun? Alles ist in Händen von Gott!“) Das ist das Abtreten der Verantwortung, das Ausweichen von der Freiheit – welche immer mit Verantwortung verbunden ist – und die Rechtfertigung der gegebenen Zustände.

 

Die individuelle Seele hat Iccha-sakti (die Kraft zu wünschen), aber wenn sie diese als absolut setzt, bläht sie sich auf und übergeht dabei Gott, der die Wünsche erst umsetzt.

 

Diese moderne esoterische Strömung, die denkt, die Seele hätte iccha-shakti (Wunscheskraft) und sva-tantratha (absolute Unabhängigkeit), versteht die Wirklichkeit falsch (gemäss der Bhagavad gita ist man dann in einer falschen Wahrnehmung eigener Identität). Das ist der Grössen- und Machbarkeitswahn. Und dann müsste man sich fragen, weswegen nicht alles so ist, wie ich es mir wünsche. Dieses Denken erzeugt letztlich diese Grundtraurigkeit, die man in unserer Welt so stark wahrnimmt: Dass die Menschen die Nichtkongruenz ihrer Wünsche mit den gegebenen Umständen als Leid und Unglück empfinden.

 

Die Seele hat freien Willen – aber nicht die Möglichkeit der Umsetzung der Wünsche, nicht die Unabhängigkeit. Manchmal hat sie nicht das karma dazu, oder es ist nicht der Moment dafür, oder die Umsetzung des Wunsches ist in der entsprechenden Lebensform nicht möglich.

 

Gott hat völlige Unabhängigkeit. Er wünscht, und alles manifestiert sich im selben Augenblick. Es braucht ihn keine Anstrengung, den Wunsch in die Umsetzung zu lenken. Ein Name Krishnas ist satya sankalpa „derjenige, dessen Wünsche ohne Arbeit oder Aufwand Wirklichkeit sind.“

 

Wenn die Seele die Materie für sich selbst in Anspruch nehmen möchte, für ihre eigenen Vorstellungen manipulieren möchte, die eigentlich eine Energie Gottes ist, kommt sie unter die Kontrolle der materiellen Energie.

Und in der Ergebenheit zu Gott, in der Harmonie mit Gottes Wünschen kommt sie unter die Kontrolle der cit-shakti (Gottes innerer Energie)

 

„Die grossen Seelen nehmen Zuflucht bei meiner tranzendentalen Natur (erkennen meine Gestalt als ewig) und verehren mich mit ungeteilter Hingabe (wobei der Geist nicht noch irgendwo anders hin geht). Sie erkennen mich in meiner ewigen Gestalt als unvergänglichen Ursprung aller Wesen.“ (Bhagavad Gita 9.13)

 

Die Seele verliert iccha-shakti nie, auch nicht wenn sie in Pflanze oder Tier-Körper existiert. Je mehr die Lebensform von der Grundeigenschaft des Vergessens (tamas) geprägt ist, ist die Ausdrucksmöglichkeit dieses Willens allerdings geringer.

 

Gemäss Vedanta sutra ist Moksha (die Befreiung) der Punkt, wo die Seele Sva-tantratha (Unabhängigkeit) erhält. Wie? Ist das Ziel also doch die Durchsetzung der eigenen Wünsche a la „Bestellung ans Universum“?

Nein.

Wenn die Seele sich ganz dem Wunsch und das Absicht Gottes anvertraut, welcher vollkommene sva-tantratha (Unabhängigkeit) besitzt, hat die Seele teil an dieser Freiheit. Es ist aber nicht ein manipulativer Umgang mit Gott, dass die Seele ihn nun zur Erfüllung der Eigenwünsche hinbewegen möchte, denn die Seele hat den Crux und die Leerheit der Erfüllung dieser Eigenwünsche erfahren und weiss, dass Glück in dem Austausch der Liebe zu Gott innewohnt.

Deshalb ist wirkliche Moksha (Befreiung) nur möglich, wenn man sein Wünschen angleicht mit den Wünschen der Person, die völlige Unabhängigkeit besitzt – mit Gott. Dies nennt man reine Bhakti, die folgendermassen definiert wird:

 

Anyabhilasita sunyam  jnana karmady-anavrtam

Anukulyena krishnanu-silanam bhaktir uttama

 

„Reine Hingabe ist das Tun, das ohne irgendwelche materiellen Wünsche, die einem von seiner Wesensnatur entfremden –  nämlich der Ambition, irgend etwas von Gott zu bekommen und dem Flehen, vor etwas bewahrt zu werden - , rein zur Freude Gottes ausgeführt wird.“

 

Absolute Unabhängigkeit ein Nebeneffekt von Bhakti.

 

 

 Würde jemand ein Buch schreiben mit dem Titel „Glühbirnenreparatur mit Gott“ indem man angäbe: „Wenn bei Ihnen mal eine Glühbirne kaputt geht, setzen Sie sich jeden Tag für eine Stunde im Lotussitz hin und bitten Sie Gott darum, dass die Birne wieder leuchtet – es würde mit Sicherheit kein Bestseller werden, denn jeder würde sich denken: Der Typ hat ist verrückt! Wenn eine Glühbirne defekt ist, dann tauscht man doch einfach die alte gegen eine neue aus! Da will man Selbstverantwortung übernehmen.

Aber wenn es alles in einen abstrakten Bereich hineingehoben wird, bleiben, hält man an dem magic-helper „Gott“ fest und erhofft sich von ihm die ersehnte Hilfe.

Aber wenn einschneidende Schwierigkeiten ins Leben hinein kommen, wird man dann die Meinung vertreten, Gott hätte einen verlassen oder sei gegen einen.
Die Frau, die man heiraten wollte, hatte andere Absichten und man betete zu Gott, sie möge es sich anders überlegen - doch sie tat es nicht.
Man bat Gott, gesunde Kinder zu bekommen -- und wir bekamen kranke oder überhaupt keine. Wir beteten um eine Beförderung im Beruf, doch sie blieb aus. Geliebte Menschen, an denen man sich mit ganzem Herzen festhielt, wurden uns durch höhere Gewalt entrissen.....
In der Stille werden einem seine ungerechtfertigten Erwartungen erst bewusst. Man hat gar nie nach Gott gefragt und ist Ich-bezogen geblieben.
Eine Kultur, die Gott nur reduziert als einen Weihnachtmann, bei dem man seine unbescheidenen kindlichen Wunschlisten anbringen kann, wird das Verständnis vom Bhagavatam nicht mehr verstehen können, dass es genauso Gnade Gottes sein könnte, wenn er einen alles wegnimmt und alle Vorstellungen durchkreuzt.

Die Welt glaubt noch immer, es existiere Glück in erfüllten Hoffnungen. Wie will eine solche Zivilisation den Ansatz des Bhagavatam verstehen, wo es heisst: nirasanam param sukham "nur wer alle Hoffnungen (auf Erfüllung aus dem Zeitweiligen heraus) aufgegeben hat, erlangt substanzielles Glück“?