Leere inmitten der Fülle und Erfülltheit in der Leere

Menschen, die alles erreicht haben, wonach sie sich so lange gesehnt haben, werden oft von einem Gefühl innerer Leere heimgesucht. 

Der eine mag zum Fussballer des Jahres ernannt werden, der andere summa cum laude promovieren, das Herz des perfekten Partners gewinnen oder so viel Geld verdienen, dass man sich den schon immer erstrebten Lebensstil finanzieren kann. 

Doch inmitten der Fülle bleibt eine innere Leere und die Sehnsucht nach etwas ganz anderem wird nie ausgelöscht. 

 

Nichts Irdisches, kein Erfolg, kein geliebter Mensch kann unsere innere Unruhe, beruhigen. Wir werden erst zur Ruhe finden, wenn wir die innere Quelle finden, die nie versiegt, die Geborgenheit und Heimat, aus der wir nie vertrieben werden, und eine Liebe, die sich nie auflöst und uns nicht zwischen den Fingern zerrinnt. Doch in der Welt der Spiegelung, in ihrer ganzen Fülle und Schönheit, schwingt konnotativ noch gleich die Enttäuschung mit.

In der Suche nach Besitz und Reichtum steckt die Sehnsucht nach Ruhe, dass wir endlich zur Ruhe kommen mögen. Aber das Fatale ist, dass der Besitz uns besessen macht, besetzt, dass er uns noch mehr in die Unruhe treibt. 

Wenn wir nach Erfolg streben, so steckt dahinter letztlich die Sehnsucht, wertvoll zu sein. Doch paradoxerweise versteift man sich in dieser Bemühung, dass der wertvolle Teil in uns – das einfache Sein als nacktes Selbst, als ewige Seele-  genau in diesem Bestreben noch mehr bedeckt wird. Zudem wissen wir zugleich, dass kein Erfolg unsere Sehnsucht ganz zu stillen vermag.

Augustinus betet: „Unruhig ist mein Herz, bis es Ruhe findet in Dir.“

 

Aber es gibt auch die inverse Erfahrung. Dass inmitten der Leere, wenn ich alles verliere, ich mich dennoch als Gewinner fühle; wenn ich alle Sicherheiten aufgebe, mich dennoch aufgehoben fühle, wenn ich mit dem Alten breche, mich doch nicht abgeschnitten fühle, wenn ich den Sprung ins Ungewisse, in das Dunkle wage, auf einmal Vertrauen erfahre, inmitten der Turbulenz die Ruhe, in der Wut zugleich Mitgefühl, in der Eifersucht die Liebe, in der Traurigkeit das Jubeln.

Im "Sich ganz fallen zu lassen" darf man erleben, dass man doch aufgehoben ist.

 

Die vielen Ursachen für die Ruhelosigkeit des Menschen zeigen, dass die Unruhe nicht allein durch äussere Veränderungen verwandelt werden kann. Es braucht den Mut, sich in aller Ruhe seiner Unruhe zu stellen. Und darin bricht plötzlich etwas auf, einen Einklang. 

 

Wenn man seine innere Unruhe aushält und sie genauer anschaut, kann man entdecken, was sich in ihr regt, dass sie auch einen Sinn hat. Die Unruhe möchte einen von der Illusion befreien, man könnte sich selber durch Disziplin verbessern und in den Griff bekommen. Die Unruhe zeigt einen seine Ohnmacht auf. Wenn sie nun angenommen wird, wird sie ausgesöhnt, reinigt die Seele und gibt ihr neue Klarheit. Mitten in der Unruhe spürt man dann einen tiefen Frieden.