Ist es vertretbar ist, mit Mördern an einem Tisch zu sitzen, zu wissen, dass sie Mörder sind und dennoch fröhlich anstossen....

(Das heisst, mit Fleischessern an einem Tisch zu sitzen)

Aus: "Das Leben der Tiere“ von J.M. Coetzee:
 
"ich kann nicht mehr sagen, wo ich mich befinde.
Es hat den Anschein, als bewegte ich mich völlig ungezwungen unter den
Menschen, als hätte ich völlig normale Beziehungen zu ihnen.
Ist es denn möglich, frage ich mich, dass sie alle an einem Verbrechen
unvorstellbaren Ausmasses teilhaben?
Phantasiere ich mir alles zusammen? Ich muss verrückt sein! Aber tagtäglich
sehe ich die Beweise.
Eben die Leute, die ich verdächtige, liefern den Beweis, stellen ihn zur
Schau, bieten ihn mir an.
Leichen. Leichenteile, die sie mit Geld gekauft haben.
Es ist, als würde ich Freunde besuchen und eine höfliche Bemerkung über ihre
Lampe in ihrem Wohnzimmer machen, und sie würden sagen:
"ja, sie ist nett, nicht wahr? sie ist aus polnisch-jüdischer Haut
gefertigt, wir finden, die ist die beste Qualität - die Haut von
jüdisch-polnischen Jungfrauen."
Und dann gehe ich ins Bad, und auf der Seifenhülle steht:
"treblinka - 100% menschliches Stearin."
Träume ich, frage ich mich? Was ist das für ein Haus? Doch ich träume nicht.
Ich schaue in ihre Augen und ich sehe nur Freundlichkeit, menschliche
Freundlichkeit.
“Beruhige dich“, sage ich mir. „Du machst aus einer Mücke einen Elefanten. So
ist das Leben.
Alle anderen finden sich damit ab, warum kannst du es nicht?
Warum kannst du es nicht?"



Eigentlich darf ich nicht..... Abfindung ist ein Zeichen des
Einverstandenseins, ist heimliche Gutheissung, ist Unterstützung.

Widerstand gegen gesellschaftlich akzeptiertes Unrecht ist die Grundlage des
Wachseins. Dort, wo die Ungeheurlichkeit vom Kollektiv als zugehörig zum Alltag angesehen wird, ist der aufrüttelnde Hinweis nicht einfach nur mehr eine Möglichkeit unter vielen. Er ist ethische Pflicht. Eine Dringlichkeit des wachen Herzens.