Vegetarismus und Pazifismus

Der griechische Philosoph Plutarch schrieb vor über zweitausend Jahren: "Für einen Bissen
Fleisch nehmen wir einem Tier die Sonne und das Licht und das bisschen
Leben und Zeit, an dem sich zu erfreuen seine Bestimmung gewesen wäre."

Viele sprechen von artgerechter Tierhaltung, humanem Töten, Biofleisch…..Einen Menschen zu quälen, zu foltern, ihn hungern zu lassen und ihn schliesslich zu töten, ist grausam. Einen Menschen in ein „artgerechtes“ Zimmer zu stecken, ihn mit Fernsehen, gutem Essen und mit Büchern zu versorgen, um ihn dann nach einer kurzen Frist ebenso zu töten, ist gleiches Unrecht – nur weniger qualvoll. Artgerecht für die Tiere ist nur die Freiheit.

»Solange es Schlachthöfe gibt, wird es auch Schlachtfelder geben.« Dieser gern von Tierschützern zitierte Satz des russischen Schriftstellers Leo Tolstoi wird oft als simplifizierende Weltsicht naiver Romantiker abgetan.

Es geht vielmehr darum, die Einstellung zu und die Behandlung von Tieren als einen (von mehreren! – gleichwohl nicht zu unterschätzenden) Faktor für das Schreckliche zu betrachten, das Menschen einander antun. Konkret auf bewaffnete Auseinandersetzungen bezogen spricht beispielsweise Vieles dafür, dass die Entwicklung der Kriegstechnik ihre Wurzeln in der Auseinandersetzung der Menschheit mit den Tieren hat, wie die US-amerikanische Publizistin Barbara Ehrenreich nachwies. In ihrem Buch »Blutrituale – Ursprung und Geschichte der Lust am Krieg« schreibt sie: »Die ersten Kriegswaffen wurden so gut wie sicher ursprünglich gegen Tiere entwickelt und eingesetzt. Dasselbe gilt für die Taktiken des Frontalangriffs und des Angriffskeils.“

Tiere, die von uns abhängen und uns nichts getan haben, zu denen Menschen vielleicht sogar einmal gut und lieblich waren, finden sich auf einmal in der Hölle eines Schlachthofes wieder, umgeben von Menschen, die ihnen die ungeheuerlichsten und grauenhaftesten Dinge antun. Das ist Verrat in reinster Form. Und beteiligt sind daran nicht nur jene, die das Bolzenschussgerät oder das Messer führen, sondern auch alle, in deren faktischem Auftrag sie das tun – die Konsumenten, die sich an den Fleischtheken der Supermärkte bedienen.

Solange wir Krieg gegen Tiere führen – und das Essen von Tieren und tierischen

Produkten ist Krieg gegen Tiere! –, kann es keinen Frieden unter Menschen geben. Das ist es, was Leo Tolstoi mit seinem Zitat meint.

Und dieser Zusammenhang zwischen unserem Umgang mit Tieren und unserem

Umgang mit Menschen ist genau betrachtet ja auch alles andere als überraschend, sondern vielmehr konsekutiv. Zwei Beispiele mögen dies verdeutlichen:

Ein Bauer hat eine Kuh, einen Esel und ein paar Hühner, mit denen er über Monate und Jahre „unter einem Dach“ lebt und „zusammenarbeitet“, indem er die Milch der Kuh und die Eier der Hühner verwendet sowie den Esel vor seinen Karren spannt. Sobald seine „Kameraden“ dem Bauern aber nicht mehr nützlich sind, erschießt er sie oder hackt ihnen den Kopf ab.

Oder der übliche Umgang mit Gänsen, den ein Redakteur der „Salzburger Nachrichten“ offenkundig auch noch ziemlich lustig findet: „Die Gänse folgen Tag für Tag dem Hüter voll Vertrauen ins Nachtquartier. Sie werden demnächst ebenso vertrauensselig wie ahnungslos hinter ihm zur Schlachtbank marschieren.“

Kann wirklich irgendjemand, der sich auch nur ansatzweise um ein unbefangenes Urteil bemüht, ernsthaft glauben, dass ein solches treu- und herzloses Verhalten gegenüber Tieren ohne Einfluss auf den Umgang mit Menschen bleibt? „Ethik gegenüber dem Menschen und Rohheit gegenüber den Tieren sind zwei Verhaltensweisen, die sich nicht vereinbaren lassen“,

schreibt Robert Jungk, „denn Grausamkeit gegen Tiere geht nahtlos in Grausamkeit gegen Menschen über.“

 

 „Der Weg nach Auschwitz beginnt ... im Schlachthaus“

Dem hätte vielleicht sogar Franz Stangl, der Kommandant von Treblinka, zustimmen können. Jedenfalls berichtet er in einem Gespräch mit Gitta Sereny (sie hatte 1971 in einem Düsseldorfer Gefängnis Franz Strangl interviewt und dieses Gespräch wurde dann publiziert als Buch „Am Abgrund – Gespräche mit dem Henker“):

 

„Jahre später, auf einer Reise in Brasilien... hielt mein Zug in der Nähe eines

Schlachthofs an. Die Viecher trotteten an den Zaun heran und starrten auf den Zug. Sie waren ganz nahe vor meinem Abteilfenster, dicht gedrängt, und sie starrten mich durch den Zaun an. Da dachte ich: Schau dir das an; das erinnert dich an Polen; genauso vertrauensvoll haben die Leute dort geschaut – gerade bevor sie in die Konservenbüchsen gingen ( ... ) Diese großen, runden Augen ... die mich treuherzig anstarrten ... ohne zu ahnen, dass sie nur Augenblicke später alle tot sein würden.“

 

In Robert Jay Liftons Buch „Ärzte im Dritten Reich“ erläutert der SS-Arzt Dr.B.

den Prozess der Anpassung an den Massenmord:

„Wenn Sie zum ersten Mal eine Selektion sehen .... ( ... ) Sie sehen, wenn Kinder und Frauen selektiert werden. Dann ist man so geschockt, dass man also ... das kann man nicht beschreiben. Und nach wenigen Wochen kann man es gewöhnen. Und das kann man ... niemandem erklären. Weil verstehen würde das niemand. ( ... ) Das kann man nur erleben ....  Aber ich glaube, ich kann Ihnen einen Eindruck verschaffen: Wenn Sie ... einmal in ein Schlachthaus gehen, wo Tiere geschlachtet werden. Es gehört auch der Geruch dazu ... nicht nur die Tatsache, dass die Tiere umfallen und so weiter. Sie werden wahrscheinlich kein Steak mehr mit Genuss essen können. Und wenn Sie es zwei Wochen lang jeden Tag machen, dann schmeckt Ihnen Ihr Steak so gut wie früher auch.“ (S. 180 f.)

Das ist das Prinzip der Abstumpfung, in das ein Grossteil der Bevölkerung gewohnheitsmässig hineingewachsen ist und die himmelschreiende Ungerechtigkeit nicht einmal mehr als solche empfindet. Man reagiert nicht mehr auf das, was eigentlich nicht sein dürfte. Auch das Fleischessen ist eine Abfindung mit einer Ungeheuerlichkeit -  es widerspricht zutiefst dem wachen menschlichen Gewissen, einem Mitgeschöpf das Leben zu nehmen, nur weil gerade einige Geschmacksknospen danach verlangen.

Isaac Bashevis Singer, ein Literaturnobelpreisträger, der im Holocaust viele Familienmitglieder, darunter seine Mutter und seinen jüngeren Bruder, verlor,

schreibt im Vorwort zu einem Buch über den Vegetarismus (S. 232):

„Solange Menschen das Blut von Tieren vergießen, wird es keinen Frieden geben. Es ist nur ein kleiner Schritt vom Töten von Tieren zu den Gaskammern Hitlers und zu den Konzentrationslagern Stalins.

( ... ) Solange Menschen mit Messer oder Pistole dastehen, um jene umzubringen, die schwächer sind als sie, wird es keine Gerechtigkeit geben.“

Vegetarische Ernährung ist dein Beitrag zum Frieden.