Vraja Vasa

im Heiligen Dham von Vrindavan seine Heimat zu haben

 

 

Die etymologische Wurzel von „Haus“ geht auf das althochdeutsche Wort „hus“ zurück und heisst ursprünglich „das Bedeckende“. Es wurzelt in einer sehr alten indogermanischen Grundbedeutung „kulskeu“ („umhüllen“), was auf die Sanskritwurzel „sku“ („bedecken“) zurückreicht.

So findet man im Griechischen das Wort „skeue“ („Kleidung“) und auch „skytos“ (Haut, Leder).

Man hat begonnen, die Umhüllung, die Bedeckung, als Zuflucht und Schutz zu betrachten. Krishnas äussere Energie ermöglicht, dass man sich häuslich und heimisch zu fühlen beginnt inmitten von wesensfremden Schichten. Das angewohnt Vertraute scheint einem bequem.

In der Gita (12.17) spricht Krishna deshalb von „aniketah sthira matir“....

„Derjenige, der sich nicht um eine Wohnstätte kümmert, der im Zeitweiligen kein Heimatsgefühl hat, ist mir sehr lieb.“

Wenn die Seele das Heimat-Gefühl in dieser Welt aufgibt, das nur die emotionale Folge der falschen Identifizierung und einer bestimmten Angewöhnung an die Gemeinschaft mit der äusseren Welt war,  taucht eine tiefe Aufgehobenheit in einem auf. Diese dient nicht mehr der bequemen Anlehnung an die materielle Welt. Daraus erwacht die brennende Sehnsucht nach wirklicher Heimat

 

Von den fünf wesentlichsten Sadhanas, die uns Sri Gauranga schenkte, gehört „Vraja-Vasa“ (die Residenz in Vrindavan)dazu.

Im Essenzvers, in welchem Srila Rupa Goswami Raganuga-Bhakti  (Bhakti-Rasamrita-Sindhu 1.2.294) beschreibt, heisst es: kuryad vasam vraje sada „Sich ununterbrochen in Vrindavan aufzuhalten, welches durchdrungen ist von den liebevollen Stimmungen zu Radha-Krishna.“

 

Im Radharasa Sudhanidhi (9) heisst es: - vrindatavim anusara pranayena cetah! " Oh mein lieber Geist! Bitte halte dich einfach in Vrindavan auf... möge deine Aufmerksamkeit immer in dieses geliebte Land von Vrindavan absorbiert sein.“ Dies bedeutet, dass es im Wesentlichen um die Erinnerung daran geht und nicht um den körperlichen Aufenthalt.

 

Was ist Vrindavan, in welchem wir innerste Residenz nehmen sollten? Es ist die ununterbrochene Gemütshaltung, alles für die Liebe zu Radhe-Syam zu schenken und sich ganz dafür zur Verfügung zu stellen.

Sri Jiva Goswami (Durgama-samgamani 1.2.294) und auch Vishwanath Chakravartipad erklären, dass wenn einem der körperliche Aufenthalt in Vrindavan nicht möglich ist, man auch in der versunkenen Meditation dort residieren kann.

Für jegliche Meditation aber sind samskaras (Eindrücke) nötig. Dazu braucht man die Berührung mit diesem irdischen Vrindavan, welches einen die erste Ahnung dieser Lieblichkeit vermitteln kann.

Unsere Heimat sind nicht all die bequemen Orte dieser Erde, an denen wir durch lebenlange Konditionierung eine rückwärtsgerichtete Verbindung fühlen.

Wir als Seele gehören nur zu Radha-Krishna, in ihr ewiges Reich.

Die erwachte Liebe, am Ort Ihrer ewigen Spiele zu sein, ist ein Symptom der erwachenden Seele (pritis tad vasati sthale (Bhakti Rasamrita Sindhu 1.3.25-26)

 

 

Fortschritt im inneren Leben bedeutet, den vertieften Wunsch zu haben, mit Vrindavan vertrauter zu werden, sich danach zu sehnen, all seine Zeit an den Orten der ewigen Spiele von Radha Krishna zu verbringen.

Wenn der Pilger seinen Körper nach Vrindavan bewegt, nehmen die äusseren Sinne erst einmal den Drishya-man-prakas, die äusserste Hülle des Dham wahr. Aber die unzähligen Echos vom Prakat-lila (als Radha-Govinda mit allen Gefährten direkt hier waren) sind noch immer da und stellen ein wichtigstes uddipana, ein Stimulus, für unsere schlafende Seele dar. Die Melodien des aprakrit-lila, des ewigen lila in der spirituellen Welt, vibrieren selbst in dem uns sichtbaren Vrindavan.

 

Sehnende Sadhakas (Praktizierende auf dem inneren Weg), die sich nach der Perfektion brennender Gottesliebe (prema-siddhi) und direktem vertraulichem Dienen zum göttlichen Paar (sakshat-seva) sehnen, nehmen Zuflucht im Staub von Vrindavan, bei Govardhan, Tulasi-Devi, den Orten von ihrem lila.

 

Die sichtbare Form des heiligen Dham ist nicht dazu da, mit den Augen abgegrast zu werden. Das diffuse Herumgeirre in der Aussenwelt führt nirgendwo hin.

Viele Menschen glauben noch immer, viele Sinnesreize wahrzunehmen sei ein lebendigerer Zustand als nichts wahrzunehmen. Das könnte eine fundamentale Täuschung sein. Denn das ist der Moment, wo man in Versuchung gerät, irgendetwas zu produzieren…was nur eine erneute Aufwühlung im Geist ist. Und je aufgewühlter der Geist ist, desto mehr drückt es ihn an die Oberfläche. Anstatt mit den Sinnen die Welten abzugrasen darf man in die wesentliche stille Einkehr einsinken. Das ist japa (Hare Krishna Hare Krishna…)

Deshalb ist die physische Residenz in Vrindavan ohne Zuflucht beim heiligen Namen, dem wirklichen Sog nach Innen, etwa so, als würde einem in Indien ein Festessen offeriert, doch anstatt zu warten, bis es serviert wird, kaut man am trockenen Blätterteller, auf dem die Speisen dann serviert würden, herum.

 

Im äusseren Bewusstsein festgehangen wird einem der Aufenthalt in Vrindavan nicht sehr nährend vorkommen und man wird natürlicherweise andere Orte dieser Welt wieder anziehender empfinden.

Im heiligen Dham ist das erste Gebet das Flehen um heilige Führung, unter welcher man seine vermeintliche Unabhängigkeit darbringt (das Tor zu Bhakti ist immer die Ergebung). Viele Menschen verstehen unter „Freiheit“ eigentlich nur das spontane Fliessen in der engen Welt der mano-vritti, den Konditionierungen des Geistes.

 

 

 

Äusserer und innerer Dham

 

Das äussere Vrindavan scheint wirklich fast gar nicht übereinzustimmen mit dem, was wir im Bhagavatam lesen. Wir sehen nicht wunderbare lotosblüten-übersäte Seen und die kristallklare Yamuna, die ganz leicht schwärzlich gefärbt ist (vom Kajal der Gopis), Haine und Wäldchen voller Blumen, von denen ein bezaubernder Duft ausgeht und unter den Kadamba-bäumen am Ufer der Yamuna ein diamantener Thron auf welchem Radha und Krishna, umgeben von den Sakhis, gemeinsam singen, lachen und einen wunderbaren Austausch geniessen.

Wir sehen oft nur Abfall, Autos und viele viele Menschen, die sich hektisch durch die engen Gassen von Vrindavan bewegen....

Wir brauchen wirklich Führung von Vaishnavas, denn das wirkliche Vrindavan kann nicht gesehen werden mit weltlichen Augen, nicht erlebt werden mit weltlichen Sinnen und nicht erfühlt werden von einem materiellen Körper....

Es ist unmöglich, das Wunder von Sri Vrindavan in ein paar Worten zu beschreiben. Transzendentale Seher wie Srila Rupa Goswami und Prabhodananda Sarasvati haben unzählige Bücher darüber verfasst.

"Die unzähligen Vaikuntha-Planeten, Orte der unbegrenzten Opulenz, können nicht mit einem einzigen Staubkorn von Sri Vrindavan verglichen werden (Vrndavana Mahimamrta).

Selbst Radha und Krsna verherrlichen Vrndavana indem sie rufen "Jaya Vrndavana", "Wie wunderbar Vrindavana ist?" (Vrndavana Mahimamrta).

"Nur schon wenn man dieses heilige Land von weitem sieht, werden liebende Gefühle zu Radha und Krishna erweckt" (Vrndavana Mahimamrta 17.12).

Aber dieses Vrindavan ist nur zugänglich für eine Seele, die ihr bhoga-vritti, die angenommene Haltung der Geniesser der materiellen Schätze zu sein - was schon zur angewöhnten Natur geworden ist, ablegt und eintritt in der Stimmung eines Dieners. Man ist nicht hier, um spektakuläre Dinge zu erleben, sondern nur einen kleinen Liebesdienst darzubringen. Zumindest um die Stimmung davon zu erfassen.

Vrndavana ist nicht ein Punkt auf einer indischen Landkarte, sondern ein Bewusstseinszustand, in welchem man bereit ist, alles zur Freude von Radha und Krishna zu geben. In diesem aprakrit-Vrndavana (dem transzendenten Bereich) existieren Radha-Krishna mit unzähligen Geweihten, Tieren. Diese Kuhhirten, Nanda Maharaja, Yasoda, und die Gopis sind bereit Tausende von Leben zu geben, nur um Krishna eine Freude zu bereiten – nur um Ihm eine einzige Schweissperle zu ersparen. Ein Abglanz dieser Stimmung ist in Vrindavan erfahrbar.... Der erste Tropfen dieser brennenden Liebe, welcher in dieser Welt ins Herz einer dürstenden Seele hineinquillt, nennt man sraddha, unverrückbares Grundvertrauen.

Vrindavan-Bewusstsein bedeutet spontanes seva-vritti (Tendenz, in jedem Moment alles für Radha-Krishna zu geben. Ohne diese Haltung lebt man nicht in einem göttlichen Königreich, indem jedes Wort ein Gesang ist und jeder Schritt ein Tanz, sondern einfach nur in einem lauten und staubigen Städtchen irgendwo in Uttar Padesh, in welchen die Ricksha-Fahrer scheinbar nur ein Gedanke in ihrem Geist haben: wie sie den westlichen Besucher über das Ohr hauen können.

Aber in der demütigen Haltung eines Dieners, einer ganz kleinen unbedeutenden Seele, die nun Gelegenheit hat, in der Gemeinschaft von Heiligen zu lernen, und nichts erwartet ausser ihre grundlose Gnade und Möglichkeiten zu dienen - dann mag Vrindavana Dhama kurz seinen Schleier heben und einen Einblick geben, der nicht zugänglich ist für die Augen dieser Welt.

 

Und dieses Vrindavan-Bewusstsein, dass hier nämlich jedes Grashalm, jedes Staubkorn erfüllt, ist von krishna-seva-vasana (dem spontanen Wunsch alles zur Freude von Radha Krishna zu tun), ist eigentlich auch der natürliche Bewusstseinszustand von uns.

Der Heilige Dham ist nicht aus dem Stoff dieser Welt gemacht, weswegen er nicht mit den Instrumenten unserer Sinne wahrgenommen und nicht mit den Gefühlen erspürt werden kann.

Srila Bhaktivinoda Ṭhākura said in his Navadvipa-bhava-taranga (Vers 11):

Wer mit den äusseren Augen und dem Bewusstsein, das von der äusseren Energie Gottes bedeckt ist, den heiligen Dham betrachtet, sieht da nur ein gewöhnlicher aus materiellen Elementen bestehender Ort dieser Welt. Wenn sich die Seele Krishna wieder zuwendet, wird Er aus seiner Gnade heraus den Mantel der Verdeckung lüften und man erhält Einblick in die unendliche ewige Welt.

 

Der Schlüssel zum wirklichen Dham findet sich im letzten der sehnsüchtigen Gebete von Vritrasura auf seinem Sterbebett (Bhagavatam 6.11.27). Er bittet nun inniglichst um die Freundschaft mit den Bhaktas. Dies stellt die berührendste Form von Gottesverehrung dar, von welcher sich Syamaa-Syam nicht mehr entziehen können.

 

Die unseren Augen jetzt sichtbare Manifestation des Dhams, der drishya-man-prakas, ist nur die alleroberste weltliche Umhüllung, die praktisch als Entscheidungsort dient. Betet und fleht man hier um Eingang oder denkt man, bereits angekommen zu sein?

Es ist naiv zu denken, dass diese Dimension vom Dhama vor einigen (hundert) Jahren dem nitya-dham (der ewigen Manifestation von Gottes Welt) näher gewesen sei.

Nostalgie, die Rückschau im Glauben, ist immer der Feind des inneren Weges.

 

Im Caitanya Caritamrita findet sich ein Vers, welcher  den inneren Weg sehr prägnant vom Fühlbaren und sinnlich Wahrnehmbaren unterscheidet:

“Die transzendentale Substanz ist nie berührbar durch Konzepte und Auffassungsgaben des Geistes, und ist nie erfassbar durch irgendwelche Bemühungen der Sinne. Dies ist die Aussage aller Vedas und Puranas.” (Caitanya Caritamrta 2.9.194)

aropana, die Überstülpung einer eigenen Vorstellung auf die Ewigkeit aufgrund eigener Imagination oder Vorstellung ist nicht ein Weg in die Transzendenz, sondern eher in die mentale Sphäre der Phantasie.

Es geht nie um ein Schwärmertum oder um die nostalgische Erinnerung an das geographische Indien mit all seinen wundersamen Phänomenen.

Gefühle sind zeitweilig. Sie erscheinen an der Oberfläche des Bewusstseins und verschwinden schnell wieder. Es war nur die Reaktion auf eine Momentaufnahme im Fluss der Veränderlichkeit, eine Kommentierung einer Welle.

Die positiven Gefühle will man beibehalten und die negativen bekämpfen. Durch diese beiden Reaktionsmuster gibt man ihnen aber den Realitätsgehalt, den sie gar nicht innehaben.

Eine Instanz in uns, der Geist, wertet aus, was erwünscht ist und was nicht – je nach soziokultureller Prägung und den Eindrücken, welche man in unzähligen Leben gesammelt und eingespeichert hatte.

Wenn wir Gefühle gut und schön finden, so geht unser Streben dahin sie zu verlängern und ihr Verschwinden hinauszuzögern, bei Gefühlen, die uns unangenehm sind, die uns verwerflich erscheinen, möchten wir, dass sie ganz schnell wieder verschwinden.

Diese Aussortierung erhält das Spannungsfeld der materiellen Welt, welche die Aufmerksamkeit der Seele einbindet.

 

Auch mit solchen Warnungen, nicht sentimental das sinnlich wahrnehmbare Vrindavan als eine Theophanie zu vergöttlichen, bleibt die Atmosphäre des Dhams einen allerwichtigsten Stimulus (uddipana) für die Erinnerung ans Lila.

Unter der verlotterten Oberfläche ist das nitya lila auf uns wartend da.

 

„Die Wolken sind eigentlich Fremde, denn sie kommen aus dem Meer. Aber wenn sie endlich in Vrindavan angekommen sind, nehmen sie ein Gelübde, sich nicht mehr vom Wind aus Vraja heraustreiben zu lassen. Sie sind erwacht zum Seva – hier lassen sie feines frisches Wasser regnen und spenden Radhe-Syam Schatten. Wenn man einmal an diesem Punkt angelangt ist, gibt’s kein Zurück.“ (Vrindavan Mahimamrita)

 

„O Radhika, lass mich nun durch die Winde von Wünschen und eigenen Vorstellungen, wie das Leben zu verlaufen hätte, ebenfalls nie wieder aus Vraja heraustreiben. Es ist der Ort, wo natürlicherweise die innerste Sehnsucht in jeder Seele erwacht: seva-vasana, die kreatürliche Neigung, ununterbrochen ohne jegliche Eigenmotivation zur Freude von Radha-Krishna zu dienen.

 

 

Friedrich Nietzsche schrieb einmal:

 

Dem Unbekannten Gotte

 

Ich will dich kennen

Unbekannter,

Du tief in meine Seele greifender,

Mein Leben wie ein Sturm Durchschweifender,

Du Unfassbarer,

Ich will Dich kennen,

selbst dir dienen.

 

Einer solch wirklich aufwachen-wollenden Seele, die alles auf diese Karte Gottes setzt, kann sich Yugal-Kishor, das junge göttliche Paar, nicht mehr entziehen.

Die Folge der Offenbarung in der Seele ist die unumgehbare Verbindlichkeit....

 

 

Eine persönliche Beobachtung

 

Hast du diese alte Frau gesehen, wie sie ein kleines Stücklein Prasadam, das herunter fiel und gerade die Füsse berührte, um Verzeihung bat?

 

Hast du gesehen, wie der Babaji seine Ehrerbietung zum Deity darbrachte?

 

Hast du die Vrajavasis bemerkt wie sie "Radhe Radhe" singen während des Parikramas?

 

Hast du die Andacht der Pilger beim Darshan im Radha-RamanTempel beobachtet?

 

Hast du gehört, wie selbst der Busfahrer freudvoll "Sri Sri Radha Vrindavana Bihari Lal ki jaya....jaya Sri Radheeeeeee Syam" ausrief, wie er von der Dehli-Agra Road abbog um nach Vrindavan zu fahren?

 

Hast du in der Stille den Sonnenuntergang in Vrindavan erlebt auf dem Hügel des Madan-Mohan Tempels, den sanften Nebel zwischen den Bäumen auf der anderen Seite der Yamuna? Hast du den kühlen Sand unter deinen Füssen gespürt beim nächtlichen Parikrama um Giriraja?

 

Hast du die Süsse des Bhajans aufgenommen? Die Leichtigkeit des Gemütes gefühlt, einfach an diesem lila-sthan zu sitzen? Die Erfülltheit beim Satsang wahrgenommen? Die Ergriffenheit des Sadhu in seiner Absorbation in den Harinam gesehen? Und die dich einladende Lieblichkeit von Kishori-Vallabha vermerkt?

 

Hast du die Träne in den Augen des Pilgers bemerkt, als er Vrindavan wieder verlassen musste?

 

Ich sitze mit alten Gaudiya Vaisnavas im Samadhi von Syamananda Pandit. Sie sind vertieft in lila-smaranam. Ich sitze zwischen Welten. Die Arati Glocken erfüllen die frühe Morgenatmosphäre.

Vrindavan ist auch ein Ort, an dem sich die Wahrnehmung meines alten Lebens völlig ändern kann.

Als Srila Prabhupada alleine in Vrindavan lebte, und ihm das Geld ausging, das "Back to Godhead" weiterhin zu drucken, ging er nach Vrindavana zurück.  In einer Stimmung der Einsamkeit und Abkehr von der Welt verfasste er ein bengalisches Gedicht mit dem Titel "Vrindavan bhajan":

 

"Ich sitze allein in Vrindavan dham.

In der Einsamkeit beginne ich vieles zu verstehen.

 

Ich hatte Frau, Söhne, Töchter und Enkel.

Doch ohne Geld habe ich nichts mehr von ihnen zu erwarten.

Krishna zeigt mir das wahre Gesicht der materiellen Natur.

Durch seine Macht hat all das für mich heute seinen Reiz verloren.

Yasyaham anughrinami harishye tad-dhanam shanaih:

"Denen nehme ich alles weg, die meine Gnade erfahren"

Wie habe ich es nur verdient, diese Gnade des Allgnädigen zu verstehen?

 

Alle haben mich verlassen, als sie mich mittellos sahen.

Frau, Verwandte, Freunde, Brüder- alle.

Es ist ein Elend, aber es macht mich lachen.

Ich sitze allein und lache.

In diesem maya-samsara - wen liebe ich da wirklich?

Mein liebevoller Vater und meine Mutter, wohin sind sie gegangen

Und wohin all die anderen alten Verwandten?

Von dieser Familie ist nichts übriggeblieben als eine Liste von Namen."

 

 

Jetzt hier in Vrindavan muss ich mich ehrlich fragen:

Was will ich wirklich?

Wie kann ich die Intensität meines inneren Lebens beibehalten - verstehend dass ich im Zuhause des Herrn lebe?

Bin ich bereit immer und immer weiter zu gehen und mich nach neuen Entdeckungen zu sehnen, und nicht auf den Lorbeeren des bereits Erhaltenen auszuruhen? Bin ich bereit aufzubrechen, den Exodus aus dieser Welt wirklich zu vollziehen ohne mich dabei einfach nur auf die bereits gemachten Verwirklichungen und Einsichten zu stützen?

 

Die Theorie, dass ein Lebewesen eine Seele ist und nicht der Körper und dass Vrindavan ein Ort der Freude ist, reicht hier nun nicht mehr aus. Auch ein Verständnis oder eine Erfahrung von den Prinzipien des Bhakti (den 64 angas des Bhakti Rasamrta Sindhu) die wir in der Vergangenheit einmal haben durften, reicht nun nicht mehr aus, ist nicht genug für ein enthusiastisches Weitergehen auf dem Pfad der Bhakti.

 

Wir benötigen das Verständnis und die Erfahrung, WIE das Lebewesen eine Seele ist, Radhikas ewige Dienerin,  und WIE Vrindavana der Ort der Glückseligkeit ist - und was das alles praktisch für uns bedeutet. Vrindavan ist also der Ort, wo sich alle spirituellen Erkenntnisse aus meiner äonen-langen Reise verdichten und nun wirklich greifbar werden.

 

Im Vrindavan Mahimamrita heisst es, dass Krishna selber überwältigt wird und weint, wenn er einen Bhakta die Namen Radhikas singen hört. Krishna kommt dann rennend zu dieser Seele hin und fragt sie, was sie denn gerne möchte. Aus tiefem Herzen darf man nun ausdrücken, was einem bereits dieses irdische Vrindavan gelernt hatte:

„Geburt für Geburt, in was für Umständen man auch immer sein mag, einfach die Möglichkeit zu haben, mit Geweihten von Swamini zusammen zu sein und in solch brennender Gemeinschaft ihr zu dienen.“