Vom Fühlbaren zu Dir hin
Lieber Krishna
Die Jahre vergehen in der Beziehung mit Dir. Und im Spiegel Deiner Lieblichkeit erkenne ich auch mich wieder. Eben da, wo ich bin.....
Ich weile gerne bei Deinem Namen. Der Gedanke an Dich erfüllt das Herz mit einer zärtlichen Freude und Rührung. Die Seele ist wie verliebt im ersten Taumel der Liebe: und wirklich hat ihr Zustand mit jener "ersten Liebe" das gemeinsam, dass sie viel mehr SICH in dem von ihr geliebten Wesen geniesst als dieses Wesen selbst und es um seiner selbst willen liebt und sucht.
...eben hier, wo ich nun einmal bin......
Aber Stufen lassen sich auch in der Entwicklung meiner Beziehung zu Dir nicht überspringen.
Aber bitte verstehe mich, mein Herz muss nun am Anfang von dieser geradezu trunkenmachenden Seligkeit zu Dir erfüllt und überströmt werden, denn zu sehr hänge ich an mir selber und an allem, was
mir von der Welt schmeichelt, dass es nur so von dort weg zu Dir hin gelockt werden kann.
Hat es bislang am Irdischen sein fast ausschliessliches Gefallen gefunden und sich daran berauscht, so erfährt es jetzt, dass es ganz konkret transzendentale Lieblichkeit gibt, die mich die
Erfahrungswelt von meinem bisher Bekannten tatsächlich vergessen lassen.
Mit einem liebenswürdigen Lächeln magst Du auf diesen ersten Eifer einer noch sehr unerleuchteten und süchtigen "Liebe" herabschauen.
Du siehst nun aber in meinem Inneren doch eine neue Bereitschaft schlummern.
Du kannst mich weiter führen, indem Du mir langsam jenes fühlbare Glück, jene "gefühlsmässige Seligkeit" wieder entziehst. Ich bin noch immer vorwiegend bei Dir wegen der mich-selber-beglückenden
Gabe.
Nur schon durch das selbstisch motivierte Zusammensein mit Dir übt das, was ich für Dich aufgegeben habe in dieser vergänglichen Welt, nicht mehr die vorherige Anziehungskraft und Faszination auf
mich aus.
So wird meine japa, das leise Schreien nach Dir, nicht mehr so beglückend und berauschend, es wird mir sogar mühsam und trocken erscheinen.
Manchmal beginne ich nun zu denken, dass diese "Gefühlslosigkeit" eine Strafe ist von Dir, da ich doch immer wieder gierig am Irdischen genascht habe...
Dann jedoch erkenne ich wieder, dass ich auch in der Treue zu Dir das Entwöhnen vom Gefühlhaften brauche, Du schenkst es mir, denn es ist das wirkliche Abtrennen von dieser Welt.
Oft kehrt dieses scheinbare Glück aber rasch wieder zurück, und mir scheint es, als ob Du Sorge hättest, diese noch so schwache Seele möge Dir wieder entgleiten, weil ihr Deine neue Art der
Führung zu hart sei.
Doch dann werden die Zeiten der Dürre länger; sie können sich auf Wochen, Monate oder sogar noch länger erstrecken.
Ich kann es aber ertragen aufgrund Deiner so wunderbar klugen und vorsichtigen Erziehung und der Hoffnung nach Deinem Darshan.
Bisweilen zeigt sich die freudige Glückseligkeit in mir wieder, aber sie hat schon ihren Charakter verändert. Ich möchte nun lernen, nicht mehr nach rein Fühlbarem für mich zu fragen und gar darum zu bitten, sondern ich wünsche, dass meine rati (heilige Zuneigung) zu Dir nicht einfach eine verhüllte Form der Liebe zu mir selbst ist.
Krishnadas Kaviraja Goswami schreibt im Caitanya Caritamrta:
"Welche Vorliebe auch immer die Gopis von Vrindavan für ihre Körper zeigten, seid versichert, dass sie es nur für Sri Krishna tun."
"Dies selbstlose Liebe zu Gott, die von den Gopis gezeigt wird, findet nicht ihresgleichen.
Die Gopis kleideten sich so schön wie nur möglich, nur um Krishna durch ihren Anblick glücklich zu machen. Sie hegten keine anderweitigen Wünsche. Sie weihten ihre Körper und alles, was sie
besassen, dem Dienst Sri Krishnas, denn es war für sie selbstverständlich, dass ihre gesamte Existenz für Seine Freude bestimmt war..." (aus der Erläuterung von Srila Prabhupada)
Irgendwann einmal will ich wirklich danach fragen, was Dir gefällt.
Und selbst wenn Du mich dann in meiner "Wüste" im sadhana belassen möchtest, so möchte ich es einmal hinnehmen lernen, Dir dafür danken und vielleicht sogar einmal Dich darum bitten, mir nicht mehr mentale Tröstungen zu schenken, sondern Dich selbst statt der früher so geschätzten Gaben und Früchte.
Lange Zeit wollte ich nur haben und nichts geben, hielt meinen Blick starr gerichtet auf Deine "Geschenke". Ich habe nie aufgeschaut zu Deinem unsäglich liebenswürdigen Antlitz, das sich mir
anbot.
Du hast nur einmal die Hand zurückgezogen, damit ich aufschaue. Vielleicht war ich ein wenig erstaunt zuerst, fast erschrocken, dass die Hand mit der Gabe nicht mehr da ist, dann aber tief
beglückt, weil ich etwas so unbeschreiblich viel Schöneres und Gütigeres sehen darf....
Nun schaue ich nicht wieder auf die Hand zurück, auch wenn diese wieder gibt. Ich bleibe bei Deinem Darshan.
na dhanam na janam na sundarim....(Gauranga Mahaprabhu)
O allmächtiger Herr, ich trachte weder nach Reichtum, noch begehre ich das schöne in der Welt, noch ersehne ich eine grosse Anzahl von Anhängern (die mir das Gefühl der Anerkennung schenken-als
Bestätigung für mein Ego).
Ich wünsche mir nichts anderes, als Dir grundlos und voller Hingabe - Geburt für Geburt - dienen zu dürfen.