Die Stimme der Angst
Lieber Krishna
Deine Einladung zu mir hat kein Datum, sie ist immer gültig. Du wartest nur, bis ich irgend einen der unzähligen Augenblicke, die Du mir zur Verfügung gibst, endlich einmal wieder für Dich ergreife.
Dazu muss ich die Stimme meiner Vergangenheit, die mich auch weiterhin so behalten möchte, wie ich immer war, einmal begraben und mich ausstrecken nach dem, was nun eben vor mir liegt.
Zu stark bin ich von der Vergangenheit bestimmt, und es fällt mir schwer, eine ganz andere Richtung anzusteuern und das Alte in Ruhe zurücklassen.
"Für Menschen, die nicht geneigt sind, den Staub der vergangenen Weltlichkeit von ihrem Herzen zu entfernen, und die alles beim Alten lassen wollen, ist es nicht möglich, die Transzendenz zu verstehen." (Nektar der Hingabe, s. 104)
An der Beerdigung meiner Vergangenheit, also ganz kurz vor der Wiedergeburt der Erneuerung, erhebt sich plötzlich die Stimme der Angst zu einer Predigt:
"Lass lieber alles beim alten! Wer weiss, wieviel Anstrengungen und Sorgen das Neue mit sich bringen wird? Bleibe lieber in deiner Vergangenheit stecken! Das ist eine bessere Sicherheit. Pass
auf!
Gib nichts auf! Lass auf keinen Fall los! Du tust besser daran, Dich nicht zu frei zu machen. Fürchte dich vor der Zukunft. Du bleibst allein. Du wirst keine Kraft finden für das Leben. Geh
lieber zurück in die Höhle und halte dich weiter bedeckt. Das "Glöckchen des Aussätzigen" hält dir wenigstens weiterhin die Leute vom Hals. Lass dich nicht auf deine innere Stimme ein. Sie führt
ins Nichts."
Genau an diesem Punkt sprichst Du mich im Bhagavatam an (SB 7.14.5):
"Wenn die Stimme der Angst sich an uns richtet mit ihren Vorschlägen durch ihre Agenten wie meinem eigenen Geist, Freunde, Eltern, Familienangehörige oder der öffentlichen Meinung (arati jana
samsadi! BG 13.11), dann behalte im Inneren die Entschlossenheit bei, der Stimme der Angst nicht Raum zu schenken (indem man auf sie hört).
Gemäss dem Gesetz der Trägheit will alles so bleiben, wie es ist. Wir auch! Das Wagnis, aus sich herauszutreten, "uns" hinter uns zu lassen, und uns voller Vertrauen Dir zu überantworten, dass Du mit uns tuest, wie es Dir gefällt - dies erscheint dem bedingten "Ich" geradezu unmöglich. Wir wehren uns gegen eine solche Zumutung (da eilt uns die Stimme der Angst zu "Hilfe") und tun alles, um ihr auszuweichen. Lieber gewöhnen wir uns daran, einen Splitter im Finger zu haben, als uns dem Schmerz der Operation zu stellen.
Es ist nicht, dass wir es nicht wagen, weil es schwierig sein könnte, sondern weil wir nicht wagen, ist es schwierig.
kathancana smrte yasmin
duskaram sukaram bhavet
vismrte viparitam syat
sri-caitanyam namami tam
"Dinge, die sehr schwer zu bewerkstelligen sind, werden leicht durchführbar, wenn ich mich auf irgendeine Weise an Dich, mein Herr, erinnere. Doch in der Vergessenheit Deiner spüre ich, wie selbst das ganz Einfache unüberwindbar schwierig wird." (CC adi 14.1)