Die Banalität des Bösen
Hannah Arendt hat 1963 ihr berühmtestes Werk geschrieben: „Eichmann in Jerusalem – ein Bericht von der Banalität des Bösen“
In diesem Buch gab die Philosophin ihre Eindrücke als Beobachterin des Prozesses gegen Adolf Eichmann, einem der grössten Nazi-Kriegsverbrecher, der für die Judendeportationen massgeblich verantwortlich war, wider.
Der Titel löste Irritation aus. Wollte sie damit das unermessliche Leid bagatellisieren?
Nichts lag Hannah Arendt ferner. Sie versuchte mit der „Banalität des Bösen“ lediglich die im Gerichtssaal offensichtlich werdende Diskrepanz zwischen dem so gewöhnlich erscheinenden Persönlichkeitsprofil des Täters und der aussergewöhnlichen Schwere seiner Taten zu erfassen. Denn beim „besten Willen“ könnte Arendt dem Angeklagten Eichmann keine „teuflich-dämonische Art abgewinnen“ (S.57)
Das Beunruhigende an seiner Person sei gerade gewesen, „dass er wie viele und dass diese vielen weder pervers noch sadistisch, sondern schrecklich und erschreckend normal waren und sind.“ (S.400). „Er war einfach gar nicht der Bösewicht, dem man sich vorgestellt hätte, sondern ein ganz normaler Mitbürger – ausser vielleicht einer Beflissenheit, alles zu tun, was seinem Fortschritt dienlich sein konnte. Er hat sich nur, um in der Alltagssprache zu bleiben, niemals vorgestellt, was er eigentlich anstellte…. Es war gewissermassen schiere Gedankenlosigkeit – etwas, was mit Dummheit keineswegs identisch ist -, die ihn dazu brachte, zu einem der grössten Verbrecher seiner Zeit zu werden.“ (S. 56 f)
Genau diese Struktur hat sehr viel mit unserem Umgang mit Tieren zu tun. Es ist nicht Böswilligkeit und der Wunsch, anderen Lebewesen furchtbare Schmerzen und Tod zuzufügen, aber einfach Gedankenlosigkeit. Und diese Gedankenlosigkeit lässt unzählige Tiere zu absolut unschuldigen Opfern menschlicher Genusssucht werden.
Hannah Arendt zeigte am Fall Eichmann auf, dass die Motive selbst der schlimmsten Nazischergen meist trivialer Art waren; dass einige der grausamsten Verbrechen von Menschen begangen wurden, die als Personen gar nicht bösartig erschienen.
Wir leben doch in einer Welt voll anständiger Menschen, die durchaus ethische Werte in sich tragen und die sich gegen Grausamkeit wehren und Brutalität verabscheuen und sich engagieren für Leidende. Wenn jemand im Zoo einen Affen vergiften würde, so käme dies in allen Zeitungen und man würde es als abscheulich empfinden. Der Durchschnittsbürger findet es nicht gut, wenn Tieren Qualen zugefügt werden.
Und zur gleichen Zeit ist man Auftraggebender für einen täglichen Massenmord von unsäglichem Ausmass – mit jedem Bissen Fleisch, den man isst.
Adolf Eichmann war nicht ein böswilliger Gesinnungstäter, sondern bloss ein dienstbeflissener treuer Erfüllungsgehilfe in einem Verwaltungsmassenmord….