In der „Zeit" wurde 2006 eine hochinteressante Besprechung Volker Ullrichs von Peter Longerichs Buch „'Davon haben wir nichts gewusst!` Die
Deutschen und die Judenverfolgung 1933 - 1945" abgedruckt (Nr. 17, S. 55). Daraus ein paar Informationen:
Als im April 1945 Verbände der 3. amerikanischen Armee das Konzentrationslager Buchenwald erreichten, war General Patton über das, was er sah, so entsetzt, daß er der Militärpolizei befahl, Bürger aus dem
nahegelegenen Weimar heranzuschaffen. Die Menschen sollten sehen, was sich in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zugetragen hatte. Über die Reaktionen der Bevölkerung
berichtete die „Life"-Korrespondentin Margaret Bourke-White:
„Frauen fielen in Ohnmacht oder weinten. Männer bedeckten ihr Gesicht und drehten die Köpfe weg. Als die Zivilisten immer wieder riefen: `Wir haben nichts gewußt! Wir haben nichts gewußt!`, gerieten die Ex-Häftlinge außer sich vor Wut. `Ihr habt es gewußt`, schrien
sie. `Wir haben neben euch in den Fabriken gearbeitet. Wir haben es euch gesagt und dabei unser Leben riskiert. Aber ihr habt nichts getan.`"
In bezug auf die Entschuldigung „Wir haben nichts gewußt!" erinnert sich Bourke-White: „Wir alle bekamen diese Worte so häufig und monoton zu hören, daß sie uns wie eine deutsche National-Hymne
vorkamen."
Fazit des Buchautors Longerich über den Wissensstand der Bevölkerung: Ein erheblicher Teil der Menschen hat vom Holocaust gewußt. Dazu Rezensent Ullrich: „Longerichs Fazit
kann eigentlich nicht überraschen. Denn die Deportationen (...) geschahen ja nicht im Dunkel der Nacht, sondern vor aller Augen, am hellichten Tage. Und sie wurden begleitet von
Kommentaren in der Presse, die keinen Zweifel daran ließen, welches Schicksal die Deportierten (...) erwartete."
Exakt wie heute mit Tieren! Auch heute begegnen wir täglich auf der Autobahn den Schlachttiertranporten. Und auch heute wird darüber in den Zeitungen regelmäßig berichtet. Und auch heute wollen
die Menschen davon nichts wissen.
Was ist eigentlich die angemessene, die moralisch richtige individuelle Reaktion auf kollektives Unrecht, das uns umgibt? In bezug auf die Nazizeit gibt die 85jährige Verlegerin Maria Sommer
folgende Antwort: „Jeder ist schuldig, der nicht im Widerstand war." (ZEITmagazin Leben, 29, 2007, S. 44 f.)
Das klingt plausibel - stellt als allgemeine Maxime aber vielleicht doch zu hohe Anforderungen an die Menschen. Ähnliches gilt für unser heutiges Verhalten angesichts der uns umgebenden
Verbrechen an Tieren: Von jedem aktiven Widerstand zu fordern, ist vielleicht zuviel verlangt, zumindest, wenn man darunter Dinge versteht, die geeignet sind, einen mit dem Gesetz in Konflikt zu
bringen.
Was man hingegen auf alle Fälle verlangen kann, ist, daß sich jemand nicht bewußt und ohne jeglichen Zwang aktiv an diesen Verbrechen BETEILIGT! Genau das macht aber jeder
Fleischesser. Angesichts des heutigen Wissensstandes über das, was mit den Tieren passiert, bevor sie auf unserem Teller landen und angesichts des breiten Angebots an
vegetarischen
Lebensmitteln, ist, wer heute noch immer Fleisch ißt, nicht
Mitläufer, sondern Mittäter.