Das Wagnis des Nicht-Funktionierens
Ich weiss nicht genau, wo das Überlassen zu den Willen Gottes hinführt, aber ich weiss, wo der Versuch der Kontrolle meines Lebens und der Versuch des Festhaltens hingeführt hatte.
Man hat beständig Angst, dass die Norm niedergerissen wird.
In der Gottesannäherung wird der Zaun um meinen kleinen Garten niedergerissen und alles, was vorher da eingesperrt war, läuft nun frei herum.
Im völligen Kontrollverlust residiert eine unglaubliche Erleichterung und eine Lebensintensität, die man nicht wirklich wahrnehmen konnte, da man so beschäftigt war, seinen kleinen Garten zusammenzuhalten.
Die Hingabe zu Gott ist Verlust der Fassbarkeit, wie wir sie gekannt hatten. Es ist einfach der Verlust der Herrschaft über die Dinge und die Umgebung und das Leben, wie man sie vermeintlich angenommen hatte.
Nun steht man auf dem inneren Weg vor einer gewichtigen Entscheidung:
Tut man nun alles, um die Herrschaft wiederzuerlangen? Reisst man sich zusammen, um die Fassung wiederzugewinnen? Das war die alte Strategie, der man immer schon glaubte, folgen zu müssen.
Oder setzt man nun wirklich sein Vertrauen auf etwas, das grösser ist als die Herrschaft des Ichs über seinen kleinen Garten.
Wenn man sich diesem Vertrauen zuwendet, es nährt und es reifen lässt, dann findet man in sich auch die Bereitschaft für die Hingabe an einen Prozess, in dem alles wie auf freier Wildbahn erscheint. Es ist ein nicht beherrschbares, unvorhersehbares Eintauchen – in den süssen Willen Sri Krishnas.
Das ist, was Meister Eckhard als die „Verrücktheit des Herzens“ beschrieben hat.
Menschen, die diese innere Norm verlassen haben, erzeugen Angst, da sie die Grenzen abgerissen haben und sich nicht mehr in der Eingeschnürtheit herumbewegen. Der unglaubliche Widerstand zur Ungewissheit der Führung Gottes lebt tief verwurzelt in den Tagträumen, in den Gedanken, den Gefühlen, in der Welt, in der man lebt.
Die Hingabe aber erfordert das Verlassen der Norm, das Risiko, nicht mehr wie bisher funktionieren zu können – wie man es eben gelernt hatte. Es ist natürlich, dass man da unglaublich alten Spuren der Konditionierung begegnet.
Menschen denken manchmal, wenn sie der Aggression, die in ihnen brodelt, freien Lauf lassen würden, dann würden sie alle umbringen…. Aber das sind nur kindliche Fantasien, was dann geschehen würde…
Wenn man effektiv diesen Weg der Freilegung begeht, erkennt man die perfekte Selbstregulation der Dinge, die man bisher glaubte, selber in die Hand zu nehmen. Die Tendenzen beruhigen sich augenblicklich – sie waren ja nur Symptom, dass sie das Gefängnis und die Diktatur des Bisherigen nicht mehr aushalten konnten.
Das Heraustreten aus der Funktion ist ein ganz fester Bestandteil der Auflösung, die auf dem inneren Weg zu geschehen hat.
Es ist ja gerade die Crux der Menschen, dass sie ständig funktionieren. Das
Eingenommen-Sein in diesem Räderwerk ist Leid. Solange die Uhr tickt, halte ich mich über Wasser, überlebe ich. Wenn ich nicht mehr funktioniere, gehe ich unter.
Wenn man den Mut hat, die Disfunktion zuzulassen und aus der Maschinerie ausbricht, ohne gewaltsam etwas dagegen zu tun, dann ist das genau der Moment, in dem wirkliche Transformation geschehen kann.
Das ist die Herausforderung der Hingabe und zeigt die Ernsthaftigkeit auf dem Weg. Die Sozialisation hat einen gelehrt, das Funktionieren über alles zu stellen und an der leeren Fassade festzuhalten. Die Würde der Seele treibt einen zur Hingabe an den unbändigen Willen Gottes, wo kein Stein mehr auf dem anderen liegen bleibt.