Erschütterung
Krishna wirklich ein Leben zu widmen muss mit Erschütterungen verknüpft sein.
Spirituelles Leben ist nicht nur von der Theorie zur Praxis, sondern noch viel tiefer: von der Theorie zur Wirklichkeit, zu Krishna.
Und dafür ist Erschütterung notwendig. Die Grundfesten zur Welt müssen schwanken und zusammenbrechen.
Aber der menschliche Geist - vollgestopft mit spirituellem Wissen - flüchtet davor und versucht mit geistiger Wendigkeit immer neue Schleichwege zu finden sich in seiner weltlichen Geborgenheit zu wahren.
Wer nicht bereit ist, sich erschüttern zu lassen wird immer kleine Einsichten haben, ein kleines Verstehen und Erleichterung von der Welt- aber die wirkliche Frucht - die direkte Begegnung mit Syamasundar - wird ihm verborgen bleiben.
Eine ehrliche Seele zu sein bedeutet da: Ich bin im Moment der Verzweiflung - im Wissen, dass ich immer wieder in eine Sackgasse gelaufen bin.
Das ist wirkliche Erschütterung: mich der Verzweiflung hingeben (das Wissen über meine Sackgasse). Es einmal zulassen und bis in die letztliche Konsequenz eingestehen. Ich habe mir bisher immer glaubhaft versichern lassen - von meinem Geist - dass es wieder neue Auswege gibt - von der Konfrontation mit meiner gesamten falschen und so real geglaubten Identität.
Es war aber eine Falle. Ich muss meinen Kampf, den Kontrahenten Gottes, des eigentlichen und einzigen Geniessers, spielen zu wollen (indem ich auch Anspruch für mich forderte) ganz und gar aufgeben.
Der Geist ist voll mit unerfüllten Wünschen. Sie werden ausgelebt - um die Erfahrung zu machen, dass es DAS nicht war. Dann gehe ich zum nächsten Wunsch - um die genau gleiche Erfahrung wieder zu machen.
So vergingen Hundertausende von Leben...
Bis ich in meiner Tiefe erkenne, dass es gar nicht viele Wünsche in mir gibt, und niemals gegeben hat. Es war nur meine Blindheit, die mir das vorgaukelte.
All die vielen Wünsche waren nur Ausdrucksform des einen Wunsches: Der Beziehung zu Krishna, des intensiven Seva, des 100 % igen
Ihm-Ergeben-Wollens.
Es ist der Wunsch nach Friede, Ananda, Ewigkeit und Erkennen.
Aber Schichten über Schichten falscher Hoffnungen überdeckten diesen einen Wunsch, dass ich nicht einmal Fühlung mit ihm hatte.
Es ist eine eine erstaunliche Oberflächlichkeit: Ich verschwende so viel Zeit und Energie, Wünsche auszuleben, von denen ich mir etwas verspreche - was ich aber nie bekomme. Es war ein Rennen nach einer Fata Morgana...
und Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte, Jahrtausende vergingen bis ich die einfache Erkenntnis im Innersten zuliess, dass es immer nur einen einzigen Wunsch war, der mich antrieb in all meinen Handlungen, im Fühlen und Denken, in jeder Geburt und in jedem Tod.
Wenn dieser Wunsch - freigelegt von der Oberflächlichkeit des stumpfen Lebens und freigelegt von allen Irrtümern - wieder im Herzen auftaucht, entdecke ich, dass mein Wille Sein Wille ist.
Und wenn Sein Wille mein Wille ist, gibt es "mich" (wie ich mich bisher kannte und vorstellte) nicht mehr.
Und ewige Identität beginnt hindurchzuleuchten.