Leiden und Schmerzen
Es gibt ein Schmerz des Erwachens – viele wollen ihn umgehen und einen einfacheren Weg begehen, denn das spirituelle Leben versprach doch, aus dem Leiden herauszuführen. So kann der innere Weg zu einer Schmerzvermeidungs-Strategie werden. Er bedarf aber zunächst einmal einer ehrlichen Begegnung.
Und statt einen kraftvollen inneren Weg bleibt man zurück mit verkrampfter Freundlichkeit.
Die Nichtunterscheidung zwischen Schmerz und Leiden führt zu einer Scheinheiligkeit, da man meint, dass Wahrheit nicht Schmerz erzeugt, und im Sumpf eines oberflächlichen Verständnisses von Liebe letztlich eine Harmonie auf der Ebene des Unwahren generieren möchte.
Es gibt Schmerzen, die ohne Leiden sind. Der Geist glaubt, an der Wahrheit zu leiden, am spirituellen Pfad zu leiden. Aber man leidet nur an der Unwahrheit. Wahrheit verursacht keine Leiden, aber sicherlich Schmerz, Trauer, Wut, Abwehr, Widerstand….
All dies sind Symptome meiner Einbettung in der Irreführung, Symptome meiner Ausflucht vor der Wirklichkeit. Schmerz ist das Heilmittel, wenn die Unwahrheit gesehen wird. Er macht das „Ich“ demütig.
Leiden wird nicht durch das Handeln eines anderen Menschen verursacht, sicherlich aber können dadurch Schmerzen entstehen.
Leiden ist eine innere Angelegenheit und vollkommen unabhängig, was in der äusseren Welt geschieht und wie Menschen miteinander umgehen, wie sie sich zueinander verhalten.
Leiden ist die Trennung zu meiner Beziehung zu Krishna.
Wenn ich denke, dass irgendein Beschwernis oder Leid, das ich in samsara (dem Kreislauf der Geburten und Tode) durchlebte, eine andere Ursache hat, als meine Trennung zu Gott, so ist das die perfekte Definition von maya (dem, was eben nicht ist).
Den Kern des Leidens zu entdecken ist eine sehr fortgeschrittene reife Erkenntnis, die nicht vielen zuteil wird: Leiden hat nichts damit zu tun, ob es dir gut geht oder schlecht geht. Das ist das normale Verständnis. Ein Mensch glaubt, er leide, wenn es dem Körper oder der Psyche gerade nicht gut geht und wenn es der bedingten Persönlichkeit besser ginge, leide er nicht mehr.
Es ist Ignoranz, das zu glauben und ein äusserst begrenztes Verständnis von Leiden.
Jeder normale Mensch denkt, Leiden sei das, was ihn unglücklich macht und was die Unversehrtheit der Oberfläche bedroht.
Leiden ist Identität ausserhalb der Seele.
Die Begrenzung des Ichs ausserhalb der Seele ist zu unserer Heimat geworden. Man hat sie lieb gewonnen. Die innere Radikalität aufzubringen, diese zu zerstören ist sicher schmerzvoll, aber glückselig und es ist das, was alle Leiden ein für alle Male für immer auflöst.