Stille
Nichts ersehnt der Mensch mehr, als dass er zur Ruhe kommt, dass er nicht nur äussere, sondern auch innere Ruhe findet. Er leidet an der Unruhe unserer Zeit, am Lärm, der ihn umgibt, an der Hektik, die ihn konstant hetzt. Aber in seiner Sehnsucht nach wirklicher Stille leidet der Mensch gleichzeitig an seiner Unfähigkeit, wirklich ruhig zu werden. Die wenigen Augenblicke, die er sich gönnt, um einmal in die Ruhe zu gehen, führen ihn nicht in die Stille, sondern konfrontieren ihn mit dem inneren Lärm, mit seinen lauten Gedanken, seinen Sorgen, seinen Ängsten, seinen Schuldgefühlen, seinen Ahnungen, dass sein Leben wohl doch nicht so verläuft, wie er es sich erträumt hat. Im Versuch der Stille erlebt man die Substanzlosigkeit des Bisherigen, dass Wesentliches fehlt.
Und so läuft man von diesen unangenehmen Augenblicken der Stille weg und betäubt sich wieder mit dem Lärm, der von allen Seiten auf einen einströmt. Man flieht wieder in die Beschäftigung, um seiner unbequemen Wahrheit aus dem Weg zu gehen. Auch die Freizeit wird vollgestopft mit unzähligen Aktivitäten. Man sucht die Flucht vor sich selbst und klagt gleichzeitig über den Stress. Die Ruhe kommt nicht, weil man sie im Grunde des Herzens gar nicht will.
Der Weg zur Stille ist ein anspruchsvoller Pfad zum eigenen Selbst, ein Selbst jenseits aller Identifikationen mit der vergänglichen Welt.
Ruhe kann man nicht durch äussere Entspannungstechniken erzeugen. Sie ist das Ergebnis des spirituellen Weges.
Das Wort des Augustinus vom unruhigen Herzen, das nur in Gott Ruhe findet, ist nicht ein frommes Wort, sondern es entspricht unserer tiefsten Erfahrung. Dass man nämlich das unruhige Herz nicht einfach selber beruhigen kann, Schuldgefühle nicht einfach selber entkräften, den Beschäftigungsdrang nicht einfach einstellen und die Sorgen und Ängste nicht einfach loszuwerden vermag, sondern dass man gestillt wird in bhakti.
Bei Krishna bedingungsloses Angenommen-sein zu erfahren. Einen Wert berühren, der über das Zeitweilige hinausgeht. Die Unruhe ist auch ein Indikator, im Wesentlichen noch nicht angekommen zu sein, das Ewige vernachlässigt zu haben.