Die Welt von Gott her verstehen

Es ist ein schwindelerregendes Wunder, was sich da Stunde um Stunde abspielt und erregt in den meisten Menschen doch kaum ein Achselzucken, da sie dermassen in den Nebensächlichkeiten ihres Alltags verknüpft sind: Mit etwa 1000 km pro Stunde (abhängig vom Breitengrad) kreisen wir um unsere eigene Erdachse. Unsere Erde aber kreist mit über 100'000 km/h um die Sonne. Und unser ganzes Sonnensystem gleichzeitig mit 800'000 km/h um das Zentrum der Milchstrasse. 

Das alles war nicht immer so und wird wohl auch nicht immer so bleiben. Es ist eine grossartige Illustration für die Nichtnotwendigkeit, die Kontingenz, die Instabilität und Relativität des Menschseins, aller Zivilisationen, unseres Planeten, eines Weltalls, das sich ausdehnt….. Wohin? Zumindest der Frage nach dem Woher müssten wir Raum einräumen. 

 

Es ist allerdings nicht einfach nur die Frage nach dem Anfang, sondern die Frage nach der Wirklichkeit überhaupt. Warum gibt es überhaupt etwas und nicht nichts?

Es ist die Frage nach der grundlegenden Beziehung der Welt zu einem Urgrund, Urhalt, Urziel.

Auf diese Ur-Fragen nach der Wirklichkeit einfach zu behaupten, da gebe es keine Antwort, ist eine dogmatische Ausflucht, die einem Abdanken der Aufrichtigkeit gleichkommt. 

Nicht auf dem Boden reiner Theorie, sondern auf dem Weg der gelebten und reflektierten Praxis sind auf die grossen Grundfragen der Wirklichkeit Antworten zu suchen. Also nicht durch theoretische Operationen der reinen Vernunft. Allerdings auch nicht durch irrationale Gefühle oder Stimmungen. Vielmehr auf Grund einer vertrauenden, rational verantwortbaren Grundentscheidung und Grundeinstellung. 

 

Diese Vertrauenshaltung ist mit dem Schwimmenlernen zu vergleichen, welches nicht durch das Stehen am Ufer, das Lesen eines Lehrbuches oder einem Trockenschwimmkurs erfolgt. Es braucht, in Beihilfe von anderen, das Wagnis, sich mit Haut und Haar auf das rätselhafte Wasser einzulassen, das nur den trägt, der sich ihm anvertraut und sich nicht steif verhält, sondern sich bewegt. 

In einer solchen Vertrauenshaltung kann man trotz aller Zweifel das – zunächst so selbstverständlich hingenommene aber innerlich öfters in Zweifel gezogene – Wirklich-Sein der Wirklichkeit als Schimmer erfahren. 

Und dieses Annehmen einer Wertehaftigkeit, Sinnhaftigkeit von allem, was ist, der Wirklichkeit Gottes, unseres Urgrundes, wird sich auf sein ganzes Erleben, Verhalten und Handeln auswirken. 

 

Will man ein Verifikationskriterium haben, so darf es nicht so eng sein wie das empirische, das nur sinnlich Erfahrbares als wirklich zulässt. Doch darf es auch nicht so weit sein wie das oberflächlich religiöse, auf Grund dessen man unkritisch alles einfach nur annimmt.

 

Diese Fragen nach dem Ganzen, nach dem Urgeheimnis der Wirklichkeit sind nicht Fragen für Weltflüchtige, „Hinterweltler (Nietzsche), sondern für jeden wachen Menschen. Sie sind nicht Ausflucht vor dem Handeln, sondern Anreiz zum Handeln. 

 

Der Gottesglaube ist keine automatische Antwort , um die grossen Fragen des Menschenlebens und der Menschheitsgeschichte zu umgehen. Doch besitzt man seinen „archimedischen Punkt“: einen festen Standpunkt, von welchem aus man diese Fragen angehen kann. 

Der Mensch im heute lebt in einer Orientierungslosigkeit und in einer Entwurzelung von der Urabsicht. Der Transzendenzbezug vermag ihm Massstäbe im Handeln und eine letzte Geborgenheit in diesem unübersehbar riesigen Weltall zu vermitteln. Der Mensch wird auch im Raumfahrtzeitalter, wenn er über die erstaunlichen Resultate der Astrophysik nachdenkt und wie seit eh und je in den gestirnten Nachthimmel hinausschaut, sich fragen: Was soll das Ganze? Woher das Ganze? Aus dem Nichts? Erklärt denn das Nichts etwas? 

Die einzige ernsthafte Antwort, welche die reine Vernunft zwar nicht bewiesen kann, weil sie ihren Erfahrungshorizont übersteigt, wofür sie aber gute Gründe hat,  geben kann: Das Ganze stammt nicht aus einem Ur-knall, sondern einem Ur-sprung, aus jenem ersten schöpferischen Grund der Gründe, den wir Gott nennen. Er ist causa sui – Ursache seiner selbst.

Und weil alles einen göttlichen Ursprung hat, hat es auch einen göttlichen Sinn.

 

Aber nichts zwingt den Menschen zu diesem Glaubenssprung, sondern es ist eine Entscheidung ganz aus freiem Willen. 

Und weil es nicht einfach ein intellektuelles Ja-Sagen ist, sondern ein Ja, das über lange Zeit und viele Teilerkenntnisse gewachsen ist, dann verändert dieser Glaube die Stellung zu allem, seine Einstellung zur Welt.