indischer Polytheismus? 

Panca-upasana - Verehrung der fünf Gottheiten

Das ist ein System, das man überall in Indien findet. Und man sagt, es sei historisch eingeführt worden von Sri Sankaracarya.

 

Das ist nicht ein primitiver Polytheismus oder ein sektiererischer religiöser Kult einer bestimmten geographischen Gegend (Hinduismus), sondern es beschriebt die Evolution des Bewusstseins. Jede einzelne individuelle Seele befindet sich an einem anderen Ort, an einem verschiedenen Entwicklungsgrad. Dabei ist jedes einzelne Leben ist wie ein Schultag.

Es ist wichtig, die individuelle Entwicklung in einem grossen Zeitrahmen zu erkennen. Das gibt dem Jetzt, dem gegenwärtigen Augenblick noch grössere Gewichtigkeit.

 

 

Durga (Parvati, Kali, Sati…)

 

Das ist die Mutter Natur, diese Welt, die gesamte materielle Energie.

Man ist fasziniert von der Welt. Im Traum und im Wachsein spricht man von ihr, geniesst sie. 

 

Wenn man sravanam (darüber hören), kirtanam (darüber sprechen) und smaranam (sich daran erinnernd, einen auffüllend) praktiziert, dann nennt man das „upasana“, Verehrung (upa= nahe; asana= sitzen, verweilen, sein).

Dafür braucht man keine hinduistische Zeremonie zu vollziehen oder ein Murti zu verehren und irgendwelche Mantras dazu zu sprechen. Das ist dann noch die kulturelle Dekoration dazu.

 

Durga Puja bedeutet also, über die Welt zu sprechen, von ihr zu hören, und die ganze Erinnerung von den Eindrücken der grobstofflichen Welt ausgefüllt zu haben.

 

 

Surya (die Sonne)

Alles ist Energie (die kommt von der Sonne)

Es ist das Verständnis, das hinter den Formen dieser Welt, hinter der groben Materie, eine subtile, feinstoffliche Energie alles durchdringt. Man erkennt, dass die grobstoffliche Materie eigentlich die gleiche Energie ist in einer anderen Schwingungsfrequenz. Alles entwickelt sich aus einer feinstofflichen Matrize aus, aus morphogenetischen Feldern. Das Sichtbare in dieser Welt ist nur die Verfestigung, die Kondensierung dessen, was auf der feineren Ebene geschieht.

Surya Puja bedeutet, die Welt als eine feinstoffliche Energie wahrzunehmen, die alles durchdringt. 

 

Ganesha

Man erkennt, dass es auch das grundlegend Andere gibt. Denn wenn alles nur feinstoffliche Energie ist, dann gibt es noch nichts, was diese Energie formen würde, das die Energie bewegt, das sie strukturiert, denn Energie ist einfach latent gegenwärtig ohne Plan, Wille und Absicht.

Dieses Andere ist Bewusstsein, das transzendental ist. (Diese Erkenntnis mag nach vielen vielen Geburten in einer Seele aufsteigen).

Und so erhält man ein spirituelles Verständnis, das aber noch vermischt ist mit materiellen Vorstellungen. Ein Transzendenzverständnis, das überlagert ist mit den Prägungen (samskaras), die man in vielen Leben aufgenommen hat.

Thomas von Aquin erklärte, dass es eine ewige Seele gäbe, die aber von zweierlei Art sei: eine menschliche und eine tierische. Denn sie verhalten sich ja verschieden. Das Bewusstsein ist noch vermischt mit materiellen Vorstellungen, so dass es nicht klar genug ist, um den kategorischen Unterschied zwischen der Seele und der Materie zu verstehen. 

Die Seele ist zwar momentan umhüllt von Materie, aber die Eigenschaften der Materie penetrieren niemals das Transzendente. Deswegen ist die Seele weder schwarz, chinesisch oder weiss, nicht jung oder alt, nicht männlich oder weiblich und natürlich auch nicht menschlich oder tierisch. 

Diese Vermischung (Ganesha ist halb Mensch/ halb Tier – was auf die Vermischung hindeutet) ist das Projizieren von materiellen Erfahrungen und Designationen auf das Heilige (auch auf Gott –z.B. in dem man denkt, Gott sei alt, da er ja am Anfang der Schöpfung schon da war – ein antropomorphes Gottesverständnis). Das heisst, man erkennt noch nicht die völlige Gleichheit aller Seelen (Bhagavad gita 5.18)

 

Transzendenz vermischt mit materiellem Verständnis ist Ganesha-Puja.

Dafür braucht man nicht eine Statue von einem indischen Elefantengott im Haus stehen haben.

 

Shiva

 

Shiva Puja bedeutet derAuflösungsprozess aller materiellen Vorstellungen, das Zurücknehmen der willkürlichen Eigenplatzierung in diesem Universum und dann die Dinge von diesem Standpunkt zu sehen und gegen das andere anzukämpfen.

Wenn weltliche Vorstellungen sich auflösen, erkennt man, dass nicht nur mein Bruder mein Bruder ist, sondern alle Wesen mit einem eng verwandt sind. Alles fragmentierte Bewusstsein fällt weg – Nationenbewusstsein, Geschlechtsbewusstsein, Familienbewusstsein, Körperbewusstsein, Erdbewusstsein…etc. Man erfährt die zugrundeliegende Einheit in allen spirituellen Wesen. Alle sind gleich, sind reines Bewusstsein. 

Die Seele kann mit Eigenbemühungen die materiellen Annahmen der maya verneinen (neti neti). Man erkennt, nicht der physische Körper zu sein und da man die Bewegungen des Geistes, der Emotionen und Gefühle und all die wechselnden Eindrücke und Meinungen beobachten kann, bedeutet dies, dass man selber jenseits davon ist. Der neutrale Zeuge davon, der unberührte Beobachter. Man ist einfach Bewusstsein, einfach gewahr.

 

Es ist ein Zustand des Wahrnehmens, der nicht charakterisiert ist durch Unterschiedlichkeiten, sondern nur der reine statische Zustand selber. Ohne Form, ohne Individualität, ohne Aktivität. Es ist die Verwirklichung der Einheit, der Homogenität, der nicht dualen Wirklichkeit. 

 

Es ist völlig irrelevant, aus welchem Glaubensweg man zu dieser Erkenntnis gelangt – das wird Shiva Puja genannt.

Vishnu

 

Da wir als Seele begrenzt sind (denn wären wir unbegrenzt, dann hätte uns das Begrenzte – die maya – nicht vergessen lassen können) ist natürlicherweise alle Erkenntnis, die von ihr kommt, ebenfalls begrenzt. Man kommt an die Grenzen der Eigenbemühung und weiss, dass ab hier noch noch die Offenbarung einem weiterverhelfen kann. Ab diesem Punkt ist der Weg göttliche Intervention. Diese kann aber nicht geschehen, wenn die Seele nicht das volle Potential ihrer Möglichkeiten ausgeschöpft hat. (Denn das Warten auf Barmherzigkeit ohne an die letzte Grenze seiner eigenen Möglichkeiten zu gelangen ist nur Faulheit).

 

Man erkennt, dass man selber ewig individuelles Bewusstsein ist, eigenständig, mit freiem Willen, und zugleich gibt es ein höchstes individuelles Bewusstsien, das mit allen verbunden ist und über alle bewusst (Bhagavad gita 4.5)

Die Seele ahnt, dass es Grösseres gibt als sie selbst und dass sie ein Teilchen davon ist. 

mamaivamso jiva loke „Die Seele ist ein ewig individuelles Teilchen Gottes“. Und die Perfektion des Teilchen ist es, freiwillig mit dem Ganzen zu harmonieren („dein Wille geschehe“). Dieses höchste individuelle Bewusstsein ist unbegrenzt, wunderbar, liebevoll, voller Schönheit – mit anderen Worten, voller ewig unvergänglicher Eigenschaften. Gott

 

Und Gott ist es wert, alle Zuneigung meines Herzens dorthin zu lenken, zu schenken.

Wenn das endliche Bewusstsein sich freiwillig dem unendlichen Wesen zuwendet und in einen Austausch der göttlichen Liebe eintritt, dann nennt man dies Vishnu Puja. Es ist das Ziel der Selbstverwirklichung.

Es ist wiederum völlig irrelevant, aus welcher geographischen oder konfessionellen Umgebung jemand stammt, denn diese Identifikationen wurden schon bei der Shiva Puja überwunden.